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Missstände bei
der Produktion

Lebensmittelfirma vor dem Kadi

Von Wolfgang Clemm
Herford (HK). Fast hätte es Amtsrichterin Gerburg Koltzsch geschafft, zwei ältere Akten in einem Zug zu »erledigen«. Doch im letzten Moment fiel einem Prozessbeteiligten auf, dass in einem der beiden Strafbefehle auch der Ehemann der Angeklagten erwähnt war - dieser war weder anwesend noch lag eine Vollmacht vor. So kann sich die Nachfolgerin der Richterin mit den Bußgeldbescheiden gegen eine Engeraner Lebensmittelfirma herumschlagen.

Schon mehrfach hatte der Kreis Bußgeldbescheide gegen das Unternehmen erlassen. Im Dezember 2003 war im Raum Koblenz bei Produkten aus Enger der Verdacht aufgetaucht, sie enthielten lebensmittelvergiftende Substanzen. So erfolgte am 15. Dezember 2003 eine erneute Untersuchung, die etliche gravierende Missstände zu Tage förderte. Letztlich ergingen zwei Bußgeldbescheide über 5000 und 3000 Euro, die auch die fehlende Qualitätskontrolle in dem Betrieb monierten. Die Vorwürfe reichten aber auch bis zu relativ harmlosen Tatbeständen.
Durch die aktuellen »Gammelfleisch«-Skandale bekamen die Verstöße mittlerweile eine größere Bedeutung, haben aber keineswegs deren Tragweite. Außerdem, dies wurde mehrfach betont, sei durch laufende Kontrollen eine Besserung nachzuweisen.
Die Firma für mediterrane Produkte wuchs aus kleinsten Anfängen in einem rasanten Tempo. Allein die Mitarbeiterzahl nahm mit einer derartig erfreulichen Geschwindigkeit zu, dass mit baulichen Maßnahmen gar nicht Schritt gehalten werden konnte. So wurden die nur drei Toiletten für knapp 50 Mitarbeiter beanstandet und auf unzureichende Waschbecken verwiesen.
Inzwischen wurde nicht nur ein Fachmann für interne Qualitätskontrolle eingestellt, die Firma hat in enger Absprache mit den Kreisbehörden für Millionen Euro einen Neubau in Enger hingestellt, weitere in der Türkei. Richterin Koltzsch, die die Verfahren selbst »geerbt« hat, schlug als Lösung einen Einheits-Bußgeldbescheid über 3500 Euro vor, um die längst überholte Angelegenheit endlich auch juristisch abzuschließen.
Dass es in der Vergangenheit massive Probleme mit der lebensmitteltechnischen Sorgfalt gegeben hatte, wurde auch von Rechtsanwalt Wittenborn für seine Mandantin, die Geschäftsführerin, nicht bestritten. Die Firma hat mittlerweile nach langwierigen Qualitätsüberprüfungen eine vorläufige EG-Zulassung erhalten.

Artikel vom 22.12.2005