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Widerspruch
zurückgezogen

Hartz IV: Fechtner sieht keine Chance

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). Zwölf Monate Hartz IV - für den Steinhagener Berthold Fechtner eine traurige, eine perspektivlose Zeit. »Ich bin ziemlich niedergeschlagen«, sagt er. Das WESTFALEN-BLATT hat den 51-Jährigen durch dieses Jahr begleitet - heute ein letzter Bericht. Und den beginnt Berthold Fechtner mit der Feststellung: »Ich habe allen Widerspruch aufgegeben.«
Ein Jahr Hartz IV: Nichts ist besser geworden, findet Berthold Fechtner. Foto: Bluhm-W.
Denn er hat sich selbst keine Aussicht auf Erfolg gegeben. Der Langzeitarbeitslose bekommt nach wie vor keinen Cent Arbeitslosengeld II. Denn wegen eigener Vermögenswerte (Lebensversicherung, Bausparvertrag), die den Grundfreibetrag übersteigen, fiel er, wie berichtet, aus sämtlichen Leistungen des ALG II und damit auch aus den Fördermaßnahmen des Fallmanagements heraus. Hilfebedürftigkeit hatte die GT-aktiv GmbH nicht zuletzt auch wegen des Wohneigentums nicht anerkannt - erst hätte Berthold Fechtner seine Vermögenswerte verbrauchen müssen, bevor er finanzielle Unterstützung erhalten hätte. Dagegen hatte er Widerspruch eingelegt, der nun im Herbst ein weiteres Mal als unbegründet abgelehnt worden war.
Und Berthold Fechtner will auch keine weiteren Ansprüche mehr erheben: »Das ganze Verfahren hat nur Zeit und Nerven gekostet, und am Ende steht man mit leeren Händen da«, sagt der Vater einer fünfjährigen Tochter, der seinen Job als Industriekaufmann verlor, als seine Firma Anfang 2002 die Insolvenz anmelden musste. Fechtners Ehefrau ist nun allein für das Familieneinkommen zuständig, konnte ihre halbe auf eine Dreiviertel-Stelle aufstocken. Und die Sorge um die Schwiegereltern, die das inzwischen der Tochter gehörende und damit in die Hartz IV-Bilanz der Familie zu rechnende Eigenheim 1977 gebaut hatten, ist zumindest ein wenig gemildert: »Selbst wenn das Haus eines Tages verkauft werden müsste, haben sie ja lebenslanges Wohnrecht.«
Berthold Fechtner sucht verzweifelt nach einer neuen Stelle oder zumindest nach einem 400-Euro-Job irgendwo in der Nähe. Denn was ihn zermürbt, ist die Tatsache, dass sich keine Stelle für ihn zuständig erklärt: »Einen Fallmanager habe ich nach wie vor nicht, da ich ja kein ALG II bekomme, und beim Bielefelder Arbeitsamt ist man nur eine Nummer. Förderung und Unterstützung erhält man keine«, sagt er: »Alles hat besser werden sollen mit der Reform. Nichts ist besser geworden.«

Artikel vom 23.12.2005