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»Für Kinder ist es besonders gefährlich geworden«, schimpft B 68-Anlieger Helmut Reitemyer.

Laster knallt in Ausstellung

Vierzigtonner mit Weihnachtspaketen kam von der B 68 ab

Von Marion Neesen (Text) und Wolfram Brucks (Fotos)
Kleinenberg (WV). Als Willi Mehring gestern Nacht mit einem Riesenknall geradezu aus dem Bett gerissen wurde, ahnten er und seine Frau Paula schon, was los war. Ein Vierzigtonner, voll beladen mit Weihnachtspaketen, hatte erst die Böschung vor seinem Haus durchbrochen und war dann mit voller Wucht in seine Ausstellungshalle direkt an der B 68 in Kleinenberg geknallt. Das Führerhaus und ein Viertel des Aufliegers kamen erst zwischen Gartenstühlen und hölzernen Sichtschutzwänden zum Stehen. Für Willi Mehring nicht unbedingt etwas Neues.

Am frühen Morgen war der Sattelzug in Staufenberg gestartet. Im Auftrag von DHL sollte der 31-jährige Fahrer Weihnachtspakete nach Greven im Münsterland bringen, die eigentlich schon gestern in der Post sein sollten. Gegen 4 Uhr in der Früh erreichte der 31-Jährige dann aus Richtung Scherfede kommend den Ortseingang von Kleinenberg.
»Das war bestimmt schon das 20. Mal, dass hier einer von der Straße abgekommen und in unserem Haus gelandet ist«, schüttelt Willi Mehring verständnislos den Kopf. Seit vielen Jahren betreibt der 58-Jährige mit seiner Familie eine Möbel- und Holzhandlung in Kleinenberg direkt an der Ortsdurchfahrt. In der Ausstellungshalle standen Möbel und Zubehör für den Garten. »Das passiert immer, wenn wir gerade alles fertig haben«, ärgert sich der Seniorchef.
Mit einem Riesenschreck sei er aus dem Bett gesprungen und runter in die Ausstellungshalle gerannt. Gemeinsam mit einem Nachbarn kümmerte er sich um den leicht verletzten Fahrer. »Der hatte Schrammen und Prellungen im Gesicht und keine fünf Sätze gesagt, so geschockt war der. Wir haben dann gleich den Notarzt gerufen«, berichtet Mehring von dem nächtlichen Schrecken.
Warum der Lkw-Fahrer mit seinem Vierzigtonner von der Straße abgekommen ist, stand gestern noch nicht fest. »Der Fahrer wurde vorsorglich ins Krankenhaus gebracht, ist aber nur leicht verletzt. Er macht keine Angaben zum Unfallhergang«, so Uli Krawinkel von der Paderborner Polizei. In der Nacht befürchteten die Polizisten noch, das Gebäude könne einstürzen. »Es waren offensichtlich auch tragende Balken erheblich beschädigt, so dass wir einen Experten einer Zimmerei hinzugezogen haben«, so Krawinkel. Bevor der Lkw aus der Ausstellungshalle geholt werden konnte, wurde das Gebäude notdürftig abgesichert. Erst gegen Mittag zog ein Bergungsteam den Sattelzug aus seiner ungewöhnlichen Garage. Das Führerhaus war nicht mehr verkehrstauglich. Es wurde mit einem Kranwagen abtransportiert, der Auflieger bekam eine Ersatzzugmaschine, so dass die Weihnachtspakete vielleicht dann heute in Greven in der Post sind.
Vor Ort erkundigte sich auch ein Mitarbeiter von DHL zunächst nach dem Fahrer und auch nach der Ladung. »Wir sind erst einmal froh, dass dem Fahrer nicht so viel passiert ist«, so Manfred Kapusta. Bei dem Lastzug habe es sich nicht um einen DHL-eigenen Wagen, sondern um eine beauftragte Spedition gehandelt.
Die Bergungsarbeiten wurden auch von einigen Kleinenbergern genauestens und kritisch beobachtet. In der Ortschaft am Rande der Kreisgrenze regt sich der Unmut über den gestiegenen Schwerlastverkehr seit der Mauteinführung. »Man braucht ja bald fünf Minuten, um über die Straße zu kommen«, schimpft auch Anlieger Helmut Reitemeyer. Der Lkw-Verkehr sei deutlich gestiegen. »Besonders für die Kinder ist das gefährlich«, ist Reitemeyer, selbst Vater von vier Kindern, besorgt. »Bestimmt dreimal so viele Lastwagen wie früher fahren hier durch«, schimpft auch Wilhelm Reichstein, »man sollte die B 68 für den Durchgangsverkehr sperren.«
Den Gesamtschaden schätzt Polizeisprecher Uli Krawinkel auf mindestens 140 000 Euro. »Ein Drittel der Ausstellung Holz und Garten ist betroffen«, so Juniorchef Frank Mehring. Der Betrieb könne aber trotzdem weiterlaufen, beruhigt er seine Kunden. »Überall werden heute die Straßen an Ortseingängen verengt oder mit Kreiseln versehen. Hier hat man das versäumt«, hat Willi Mehring den Grund für die vielen »Einbrüche« in sein Haus ausgemacht. Wegziehen kommt für den 58-Jährigen aber dennoch nicht in Frage.

Artikel vom 23.12.2005