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Häufiger aus dem Bauch heraus sprechen

Stimmbildnerin Irmgard Lansing gibt Tipps, wie Mann oder Frau den richtigen Ton trifft

Von Dunja Henkenjohann
Werther (WB). »Man könnte ein bisschen mehr Singen beim Sprechen«, findet Irmgard Lansing. Wer beim Sprechen den Atem verliert, nuschelt oder mit der Stimme nicht den richtigen Ton trifft, kann sich von der Stimmbildnerin den richtigen Ton angeben lassen.

Die Vorleser der Schlossgeschichten in der Stadtbibliothek können ein Lied davon singen: Bis zu einer Stunde lesen sie vor Kindern Texte vor, zwischendurch bleibt der Atem weg, die Stimme hört sich nicht mehr so an, wie sie soll, oder die Lautstärke stimmt nicht mehr. In einem Seminar mit Irmgard Lansing hat das Team um Bücherei-Leiterin Susanne Damisch gelernt, im passenden Augenblick Luft zu holen, die Pausen nicht zu vergessen und den Sprachrhythmus einzuhalten.
Irmgard Lansing ist eine begeisterte Sängerin. In den 80er Jahren hat die 44-Jährige eine klassische Gesangsausbildung absolviert, später hat die Sozialpädagogin in Maastricht einige Semester Jazzgesang studiert. 1993 kam die Mutter von zwei Kindern durch ihren Ehemann nach Werther und hat wieder begonnen, klassischen Gesangsunterricht zu nehmen.
»1998 habe ich im Zweischlingen in Bielefeld ein Seminar zum Thema Funktionale Stimmbildung besucht. Das hat mich so fasziniert, dass ich mir gesagt habe: Das will ich auch werden«, erzählt Irmgard Lansing. Beim Institut für Funktionale Stimmbildung hat sie eine dreijährige Ausbildung absolviert, darf sich jetzt Stimmbildnerin nennen.
»Stimmbänder sind Muskeln. Sie sollen mit Hilfe der funktionalen Stimmbildung leicht und mühelos zum Schwingen gebracht werden«, erklärt die Expertin. Wenn jemand beim Vorlesen in Atemschwierigkeiten kommt, versucht Irmgard Lansing zunächst herauszufinden, woran das liegen kann. »So wie jedes Lied hat auch jeder Text seinen Rhythmus. Beim Sprechen übergeht man häufig die Pausen. Doch man kann den richtigen Sprachrhythmus üben«, sagt die Stimmbildnerin.
Zum Sprechen gehöre viel mehr als nur Lippen und Zunge. Lansing: »Beim Sprechen sollte man ähnlich wie beim Singen seinen ganzen Körper mit einspannen.« Etwas aus dem Bauch heraus sagen - das sollte man ihrer Ansicht nach viel häufiger tun. Auch die richtige Haltung kann das Sprechen beeinflussen. Und: »Wer singen kann, spricht oft besser«, meint die Sängerin. »Man sollte den Gesang auf das Sprechen adaptieren.«
Deswegen macht Irmgard Lansing mit ihren Schülern unter anderem auch Gesangsübungen. Oder Bewegungsübungen. Zu ihr kommen Menschen, die häufig vor großem Publikum sprechen - beispielsweise Lehrer. Und während Frauen oft Gesangsunterricht nehmen, um ihre Sprache auf Vordermann zu bringen, versuchen es die Männer meistens mit Sprechunterricht. »Männer nuscheln oft«, hat Irmgard Lansing festgestellt. Mit ihnen übt sie die bewusste Artikulation, macht Rollenspiele oder trainiert die Sprechgeschwindigkeit.
»Das Problem ist oft, dass man Stimme ja nicht sehen kann«, sagt die 44-Jährige. Und so läuft viel über praktische Übungen oder die Vorstellung. Da wird auch schon mal mit beiden Händen fest zugepackt, damit die Stimme kräftiger wird oder ein Ball geworfen, damit der Ton nicht hakt.

Artikel vom 27.12.2005