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Hohe Belastung und zu viel Bürokratie

Das Handwerk protestiert dagegen, dass Sozialversicherungsbeiträge nun früher fällig sind

Kreis Minden-Lübbecke (WB). 559 Protestfaxe erhielt die Kreishandwerkerschaft von ihren Mitgliedsbetrieben. Darin sprechen sie sich gegen die Vorverlegung der Sozialversicherungsbeiträge aus und wehren sich gegen noch mehr Bürokratie. Der Umstellungsaufwand für die Unternehmen sei zu hoch. Die Änderung diene nur scheinbar einer Liquiditätsverbesserung der Sozialversicherungssysteme.

Die Handwerksbetriebe im Mühlenkreis verstehen die Politik nicht mehr, fasst der Geschäftsführer Thomas Brinkmann die zahlreichen Diskussionen aus Innungen und Versammlungen zusammen, die seit dem Spätsommer im Handwerk stattgefunden haben. Anlass ist die vom Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetzesänderung, wonach ab 2006 die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge auf den drittletzten Banktag des Monats vorgezogen werden soll. In einer landesweiten Unterschriften-Aktion haben die Handwerksbetriebe ihr Missfallen über diese Situation zum Ausdruck gebracht, weil sie eine enorme Aufblähung von Bürokratie und Verwaltung mit sich bringe.
Bei einem Treffen mit dem Bundestagsabgeordneten Lothar Ibrügger (SPD) und Steffen Kampeter (CDU) in der vergangenen Woche wurden jetzt die im Kreis Minden-Lübbecke gesammelten Protestunterschriften an die Abgeordneten übergeben. Damit verbindet das Handwerk die Forderungen, dass sie sich als Mitglieder der Regierung in Berlin dafür einsetzen, dass die Gesetzesänderungen wieder rückgängig oder zumindest aus ihrer Sicht praktikabel gemacht werden.
Durch die Vorverlegung des monatlichen Fälligkeitstermin auf den drittletzten Bankarbeitstag - der jeden Monat neu berechnet und eingeplant werden muss - ergibt sich gegenüber der bisherigen Regelung ein deutlicher Liquiditätsentzug für die Betriebe. Diese müssen nun etwa einen halben Monat früher die Sozialversicherungsbeiträge abführen - Geld, das sie in der Regel von ihrem Kunden noch gar nicht bekommen haben. Nach der Zahlung der Nettolöhne würde die Überweisung von Sozialversicherungsbeiträgen insbesondere für kleine und mittlere Betriebe den größten Liquiditätsabfluss darstellen. Die Vorverlegung bedeute daher eine erhebliche Mehrbelastung und führe zu weiteren Finanzierungskosten, heißt es in dem Protestschreiben.
Vor diesem Hintergrund hätte das Gesetz gar nicht erst erlassen werden dürfen. Jedenfalls sollten schnellstens Initiativen zur Rücknahme der Vorschriften ergriffen werden. Sollte dies nicht möglich sein, fordert das Handwerk wenigstens eine Korrektur des Gesetzes, um die Bürokratiebelastung der Betriebe zu verringern.
Die Abgeordneten machten deutlich, dass eine Rücknahme nicht möglich sei, da dies unweigerlich zu einer Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge führen würde. Jedoch will man sich dafür einsetzen, dass die Neuregelung unbürokratischer werde und Strafzahlungen bei ungenauen Schätzungen nicht sofort anfallen würden. Nach sechs Monaten mit dem neuen Abrechnungsmodus wünschten sie sich ein erneutes Gespräch. In Aussicht stellten Kampeter und Ibrügger einige andere für den Mittelstand wichtige Änderung: Abschaffung der Ich-AG, Stückelung der Erbschaftssteuer, Senkung der Lohnnebenkosten sowie eine Reform der Unfallversicherung.

Artikel vom 21.12.2005