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Frauenhaus kämpft um Existenz

Erschüttert über die Kürzungen: Katharina Mitlehner

Land kürzt 2006 Zuwendung um ein Drittel - Stadt Paderborn soll retten

Von Andrea Pistorius
Paderborn (WV). Das Land NRW will sparen und dies auch bei der Finanzierung der Frauenhäuser. Die Konsequenz ist: Der Paderborner Einrichtung droht akut die Schließung.

Die Nachricht schlug am 9. Dezember wie eine Bombe ein. Das Familienministerium in Düsseldorf ließ der Landesarbeitsgemeinschaft autonomer Frauenhäuser NRW (LAG) telefonisch mitteilen, dass ab Januar 2006 die Zuwendungen gekürzt werden. Vier Stellen in den 25 Einrichtungen unter dem Dach der LAG, zu denen auch Paderborn gehört, sollen gestrichen werden. Zehn Tage später wurde die Ankündigung per Fax bestätigt.
Für das Paderborner Frauenhaus bedeutet dies eine Reduzierung der Landesförderung um etwa als 30 Prozent: Der jährliche Zuschuss von bisher 123 000 Euro wird um 36 000 Euro gekürzt. »Das ist ganz und gar unmöglich«, schüttelt Katharina Mitlehner noch immer fassungslos den Kopf. Die Vorsitzende des Frauenhaus-Trägervereins ist zum einen empört über die bürokratischen Methoden des Ministeriums, Entscheidungen mit weitreichender Konsequenz mitzuteilen, zum anderen ist sie in großer Sorge um den Fortbestand der Paderborner Zufluchtsstätte für misshandelte Frauen.
40 000 Euro bringt der Trägerverein (60 Mitglieder) selbst pro Jahr für die Finanzierung der Einrichtung auf. Der Betrag summiert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Bußgeldern. 25 000 Euro stellt die Stadt Paderborn als Defizitausgleich bereit, die Summe wird überwiegend für Betrieb und Instandhaltung des Gebäudes verwendet.
Der Gesamt-Etat des Frauenhauses ist nach Ansicht von Katharina Mitlehner ohnehin knapp bemessen. Der überwiegende Teil der Einnahmen wird für die Bezahlung der fünf qualifizierten Mitarbeiterinnen benötigt, die sich vier Stellen teilen. Die Kürzung der Landeszuwendung könnte die Streichung einer Stelle bedeuten. »Das ist undenkbar«, betont Mitlehner, »das Haus ist voll, wir mussten in diesem Jahr sogar schon 50 Frauen an andere Frauenhäuser weiterverweisen«.
Aus dem Grund kommt auch eine Reduzierung der neun Zimmer nicht Frage, zumal das Land den Fortbestand der Förderung davon abhängig macht, dass mindestens acht Zimmer zur Verfügung stehen. Eine Einschränkung des Angebots wie die Streichung der Rufbereitschaft an Wochenenden oder in der Nacht kommt für den Trägerverein ebenfalls nicht in Betracht.
Katharina Mitlehner und das Frauenhaus-Team haben sich deshalb an die Verwaltung und den Rat der Stadt Paderborn gewandt. Verhandlungen konnten in der Kürze der Zeit noch nicht aufgenommen werden und werden wegen der bevorstehenden Feiertage frühestens im Januar beginnen können. Neue ehrenamtliche Mitarbeiter und Spenden sind natürlich jederzeit willkommen (Konto 215 3005, Sparkasse Paderborn, BLZ 472 501 01).
Das Paderborner Frauenhaus besteht seit Mai 1980 und bietet Frauen und Kindern sofortigen, unbürokratischen Schutz vor gewalttätigen Männern und Vätern. Von Januar bis November diesen Jahres wurden 42 Frauen und 37 Kinder aufgenommen. Sie kommen aus allen sozialen Schichten; manche bleiben einen Tag, andere mehrere Monate im Frauenhaus. Hier lernen sie nach der Devise »Hilfe zur Selbsthilfe« ihre Probleme zu überwinden und ihr Leben selbstständig in die Hand zu nehmen.

Artikel vom 23.12.2005