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»Ist heute Sonntag oder Mittag?«

Videofilmkreis Gütersloh dreht Dokumentation über die Menschen im Haus Elim

Gütersloh (WB). Es ist ein besonderer Film über besondere Menschen, den der Videofilmkreis Gütersloh gedreht hat. Dicht dran, aber unaufdringlich erzählen die Bilder eine Geschichte von Menschen, die ihr Gedächtnis, ihre Orientierung und zum Teil auch ihre Biografie verloren haben.

Ein älterer Herr wird gewaschen. Er stützt sich auf den Waschbeckenrand. Sein Oberkörper ist frei. Die Altenpflegerin, die den Mann mit einem Waschlappen abreibt, unterhält sich leise mit ihm. Ihre Stimme klingt freundlich und beruhigend. Als der feuchte Lappen seinen nackten Rücken berührt, schreit der Bewohner des Hauses Elim auf. Die Frau tröstet ihn und beeilt sich bei der für ihn so unangenehmen Morgentoilette. Beim Abtrocknen können die beiden sogar wieder miteinander lachen.
Die Kamera hat diese Szene im Haus Elim festgehalten. Und die Zuschauer dürfen Anteil nehmen an einem ganz besonderen Moment: Ein unendlich hilfebedürftiger Mensch wird von einer Mitarbeiterin mit viel Respekt und Feingefühl versorgt. Die Beziehung zwischen den beiden ist das Thema, nicht die Handlung.
Der Film »Ist heute Sonntag oder Mittag?« ist eine 38-minütige Dokumentation über Bewohner und Mitarbeiter im Haus Elim, einer geronto-psychiatrischen Einrichtung des Stiftungsbereichs Altenhilfe in Eckardtsheim. »Die Arbeit an dem Film hat uns menschlich bereichert. Wir sind oft demütig aus dem Haus Elim herausgekommen, angesichts dessen, was wir mit den Menschen erlebt haben, die ihr Gedächtnis verloren haben. Unsere Probleme erschienen plötzlich so klein«, erzählt Karl Piepenbrock, Leiter des Videofilmkreises Gütersloh.
Einen leisen Film wollten die Klubmitglieder drehen - über eine Einrichtung, deren Bewohner und Mitarbeiter und über eine Erkrankung, die es schafft, Teile der Persönlichkeit des betroffenen Menschen auszuradieren. »Der Film sollte authentisch sein. Nichts ist gestellt. So etwas kann man nicht übers Knie brechen. Wir haben lange zugehört, beobachtet und uns immer wieder Rat eingeholt«, so Karl Piepenbrock.
Vier Monate haben die Filmemacher sonntags, abends und in aller Frühe mit der Kamera im Haus Elim verbracht. Zehn Stunden Rohmaterial sind dabei herausgekommen. Die mussten anschließend gesichtet und am Computer zu einer Geschichte zusammengeschnitten und vertont werden. »Mehr als 400 Stunden ehrenamtliches Engagement stecken in diesen rund 30 Minuten Film. Ich kann gar nicht genug betonen, wie viel Anerkennung wir für diese Leistung haben. Das Ergebnis übertrifft unsere Erwartungen bei weitem«, lobt Ulrich Strüber, Geschäftsführer im Stiftungsbereich Altenhilfe.
Die Idee zu dem Film hatte die Einrichtungsleiterin des Hauses Elim, Petra Knirsch. Sie kannte einige Mitglieder des Videofilmkreises persönlich und konnte sicher sein, dass diese den demenzkranken Menschen bei den Dreharbeiten respektvoll begegnen und ihnen in den Bildern ihre Würde belassen würden.
»Ich bin beeindruckt von dem Film. Ich habe selten einen Beitrag gesehen, der die Betreuung demenzkranker Menschen in einer Einrichtung so wirklichkeitsnah herüberbringt«, betont Petra Knirsch. Der Videofilm, zu dem übrigens die Angehörigen in Vertretung für ihre demenzkranken Verwandten das Einverständnis gegeben haben, soll nun unter anderem dazu dienen, angehendes Altenpflegepersonal und Angehörige über die Krankheit aufzuklären.

Artikel vom 21.12.2005