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60 Zentimeter Beton:
Bunker unter der Post

Senner Vorarbeiter lüftet altes Brackweder Geheimnis

Von Markus Poch
(Text und Fotos)
Brackwede (WB). Guido Kleinebeckel rauft sich die Haare: »Diese Wände und Decken werden uns noch ganz schön zu schaffen machen. Das sind 60 Zentimeter Stahlbeton...« Dass unter der alten Post ein Bunker steht, ist für den Senner kein Geheimnis mehr, wohl aber für die meisten Menschen am Ort. Es gab immer Gerüchte, doch selbst »eingefleischte« Brackweder waren nicht sicher.

Nun ist es offenkundig: Ein Labyrinth aus schmalen Gängen mit dicken Mauern bildet das Fundament des Brackweder Postamtes. Mit dessen Abriss, der gestern begann, muss zugunsten des Lidl-Marktes auch ein Großteil des mehr als 100 Quadratmeter großen Bunkers weichen. Guido Kleinebeckel ist Vorarbeiter der Senner Abrissfirma Brinkmann und mit seinem vierköpfigen Team bis Ende Januar fast täglich auf dem Gelände. Der 32-Jährige bringt vorübergehend Tageslicht in die muffigen Katakomben - das erste seit dem Bau 1959.
Viel ist dort unten allerdings nicht zu sehen: ein paar dicke Stahltüren der Firma Schwarze aus Quelle, eine Trockentoilette mit hunderten von Fäkaliensäcken, eine Belüftungsanlage, Reste einer Notrufanlage, zwei lederne verschimmelte Briefträgertaschen.
»Einige der Schächte führen zu Notausgängen im Innenhof und Richtung Bezirksamt«, hat Kleinebeckel festgestellt. Sie muten an wie historische Fluchtwege in Ritterburgen. Die schweren Eisendeckel am anderen, »rettenden« Ende sind fest eingerostet. Wie gut, dass da niemand flüchten musste.
Kleinebeckel und Co. sollen mitsamt dem Postgebäude auch die oberen 1,5 Meter des Bunkers abtragen und zerbröseln. Der Bauschutt dient zum Auffüllen der verbliebenen Hohlräume.
»Bis 1995, solange die Post Bundesbehörde war, wurden große Postämter mit Bunkern zum Brand- und Katastrophenschutz ausgestattet«, erklärt Post-Sprecher Dieter Pietruck. »Damit der Postbetrieb auch in schwierigen Zeiten hätte aufrecht erhalten werden können.« In späteren Jahren, vor allem seit der Privatisierung, habe die Pflege der Bunker mehr und mehr nachgelassen.

Artikel vom 21.12.2005