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Mit einem Hauch
von Puderzucker

Orchester »Amadé« war ein Genuss

Von Christine Hartlieb
Paderborn (WV). Mit barockem Glanz und Mozartschem Esprit stimmte die Kammerphilharmonie Amadé auf Einladung der Philharmonischen Gesellschaft Paderborn am Abend des vierten Advent auf das bevorstehende Weihnachtsfest ein.

Dem Dirigenten Frieder Obstfeld gelang mit seinem international besetzten Orchester dabei in der Aula der Paderborner Kaiserpfalz ein klingender Gegenpol zur adventlichen Einkaufs-Hektik.
Schon die einleitende Orchestersuite in C-Dur von Johann Sebastian Bach setzte mit gemäßigten Tempi und weicher Tongebung eher auf heitere Gelassenheit denn auf straffe Artikulation und Strenge, wie sie manche Aufführung mit historischem Instrumentarium vermittelt.
Die Tanzsätze, die mal federnd, mal feurig, mal majestätisch daher kamen, büßten dabei aber nichts von ihrer jeweiligen Charakteristik ein: Es war einfach so, als hörte man Bach mit einem kleinen, weihnachtlichen Hauch Puderzucker. Ein Genuss -Ê besonders das blitzsaubere und stets organische Zusammenspiel der Holzbläser-Fraktion!
Konzertmeister Mark Gothoni aus Finnland präsentierte sich in den Violinkonzerten in g-Moll von Bach und D-Dur von Antonio Vivaldi als souveräner Solist. Besonders beeindruckten die langsamen Mittelsätze, die Gothoni zart, sehr klar und mit äußerst sensibel eingesetztem Vibrato intonierte. In Bachs Largo hätte man sich noch etwas weiter gefasste Bögen vorstellen können. In Vivaldis Larghetto bewies die Kammerphilharmonie unter dem suggestiven und eindringlichen Dirigat Obstfelds, wie mystisch selbst eine Begleitung aus einfachen Akkordwiederholungen gelingen kann.
In den schnellen Außensätzen des Vivaldischen Konzertes bewiesen Solist und Orchester ebensoviel Virtuosität wie Präzision. Eine kleine Prise mehr Spielfreude und italienisches Feuer hätten die Darbietung vielleicht noch unvergesslicher gemacht.
Als außerordentlich feurig erwies sich aber die abschließende Darbietung von Mozarts Divertimento in D-Dur mit dem Beinamen »Nannerl-Septett«. Wie Bachs Orchestersuite eine Folge von Tanzsätzen, atmete Mozarts Divertimento einen ganz anderen Geist. Nuancenreich und verspielt, als würde Mozart seiner geschätzten Schwester Nannerl viele kleine Kusshände zuwerfen und ihr zu Ehren allerlei Kapriolen veranstalten, schwebten, flatterten und stolzierten Menuette, Märsche und Rondeaus durch die Aula der Kaiserpfalz.
Das Orchester erwies sich dabei als ungemein beweglich und stets organisch, immer klar artikuliert und dabei doch samtweich - mit einem Hauch Puderzucker eben.

Artikel vom 20.12.2005