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Respektloses zum Fest

Dieter Hildebrandt und Symphonische Cellisten im Theater gefeiert

Herford (bex). Kabarett und Klassik - die Kombination ist nicht gerade nahe liegend, aber reizvoll. Altmeister Dieter Hildebrandt und die Symphonischen Cellisten Köln, seit Jahren erprobt im Zusammenspiel, bescherten dem Publikum am Sonntag im ausverkauften Stadttheater eine anheiternde Einstimmung aufs Fest.

Ist das Vivaldis »Winter« aus den »Vier Jahreszeiten«? Er ist es, erkannte der geneigte Zuhörer zunächst mit Befremden. Die Eröffnung des mehr als zweistündigen Programms »Oh, du Fröhliche!« zeigte gleich, wohin die adventliche Reise ging: Das Kölner Cello-Sextett unter der Leitung von Werner Thomas-Mifune, plus Pianist, mischte Klassik, Schlager, Jazz und traditionelles Liedgut, schichtete bekannte Motive übereinander, verwob scheinbar unvereinbare Musikgattungen zu einer effektvollen Streicher-Melange.
Selbst Hildebrandt, der diese eigentümlichen Interpretationen schon vielfach gehört haben musste, konnten die Cellisten noch manchen Lacher entlocken. Das »Girl von Ipanema« traf »O Tannenbaum«, die »White christmas« wurden bis an den Rand der Erträglichkeit »verschnulzt«, Verdis »Triumphmarsch« zur schmissigen Streicher-Hymne. Mit Hupe, Triangel und Plastikschlauch-Gesäusel mischten sich auch unkonventionelle Laute in das Klangbild. Die Herren Cellisten stimmten gelegentlich sogar im Chor in die Lieder ein.
Bei einer sprichwörtlichen »Katzenmusik« zersägten sie Katzenmotive von »Pink Panther« bis »Cats« und bewiesen, wie gut sie richtig »schlecht« spielen können. Hildebrandt wiederum konterte die herrlichen musikalischen Respektlosigkeiten mit seiner unnachahmlich scharfzüngigen Haspelei. Der Meister des unvollendeten Satzes verkündete von seinem Stehpult aus vorläufige Wahrheiten über Bundeskanzlerin Merkel (»Sie läuft noch nicht rund«), den Papst (»Er kommt nächstes Jahr zum Oktoberfest.«) oder Donald Rumsfeld. In bester Heinz Erhard-Manier rezitierte er einen niederschlesischen Jahreszeitenzyklus, und nahm auch zu misslungener Innenstadtarchitektur Stellung.
Bei diesem Thema ließ ihn der Zwischenruf aus dem Publikum »Kennen Sie MARTa?« innehalten: »Marta? Heißt so der Architekt? Nein? Ach, der Bau heißt so? Toll! Also ich hätte ihn Else genannt!« - Der Altmeister hatte sichtlich Spaß in Herford und die Herforder mit ihm. Zum Schluss gab's sogar »standing ovations«.

Artikel vom 20.12.2005