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Die neue Orgel ist auch
ein geistliches Ereignis

Feierliche Weihe des Instruments in Herz-Jesu-Kirche

Halle (SKü). Dieser vierte Advent wird sicher dereinst in den Chroniken der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde einen besonderen Stellenwert bekommen. Denn die Weihe der neuen Orgel im Rahmen eines Festgottesdienst war ein außerordentliches Ereignis.

Der Andrang der Gläubigen war groß, früh waren die Sitzplätze belegt. Der Gottesdienst begann mit einem Lied ohne Orgelbegleitung. Die entfaltete ihre ganze Kraft erst, als Pfarrer Josef Dieste sie auf der Empore mit Weihwasser und -rauch gesegnet hatte. Und es war schon ein besonderer Moment, als Organist Markus Stein das »Te deum« mit »Großer Gott, wir loben dich« anstimmte. Und ungewöhnlich genug für einen katholischen Gottesdienst: Nach den ersten Stücken wurde sogar geklatscht von der Gemeinde.
In der Tat: Eine solche Klangfülle durch eine Orgel hatte das Gotteshaus an der Bismarckstraße noch nicht erlebt. Und um der Gemeinde die klanglichen Besonderheiten dieser Königin der Instrumente zu offenbaren, stimmte Markus Stein während und nach der Messe noch Stücke von Alessandro Marcello, Louis Vierne und Alexandre Guilmant an. Keine Frage: Die Herz-Jesu-Kirche wird jetzt auch ein Platz für besonders schöne Orgelkonzerte.
In seiner Predigt bezeichnete Josef Dieste die neue symphonische Orgel von Jäger & Brommer als ein Ereignis. Für sie sei eine große Anstrengung vollbracht worden, nach einer dreieinhalbjährigen Strecke ein großes Ziel erreicht worden. Der Geistliche erinnerte auch an die vielen Diskussionen und auch an die bisweilen vorhandene Ängstlichkeit. Eine Orgel, so sagte Dieste, sei mehr als ein technisches Bauwerk, sie sei ein geistliches Ereignis. Die vielen Orgelpfeifen seien wie ein Resonanzraum des Geistes Gottes.
Während des Festgottesdienstes gab es sogar humorvolle Sequenzen, als der Kirchenvorstand als Dank für das Orgelbauteam aus dem Schwarzwald um Meister Heinz Jäger nicht den üblichen Wein sondern zwei Fässer westfälisches Bier in die Kirche rollten. Nach dem Gottesdienst wurde gleichwohl im Gemeindezentrum mit Sekt und Wein auf das Ereignis angestoßen. Jörg Hoffend, Vorsitzender des Vereins Orgelbauprojekt, erinnerte daran, dass trotz eines Investitionsvolumens von rund 170 000 Euro das Projekt als weitestgehend geschultert bezeichnet werden kann. Und zwar ohne Darlehnsaufnahme. Es gab viele Hilfsaktionen. Zuletzt brachte die Versteigerung von handsignierten Bischofsbüchern bei ebay rund 500 Euro. Auch die Kollekte gestern vollzog sich gestern zum Glück eher mit einem raschelnden, denn klingelden Beutel. Hoffend merkte auch an: »Visionen sind notwendig in unserer Zeit, um eine Sache durchzubringen.«

Artikel vom 19.12.2005