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Von Michael Robrecht

Diese
Woche

Die Armut nimmt zu


»In Deutschland ist jedes fünfte Kind arm.« Das sagt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Und in dem Magazin »Aus Politik und Zeitgeschichte« wird berichtet, »jedes siebte Kind (zwei Millionen)« lebe in einem Haushalt, »der als relativ arm einzustufen ist«. Die Armut unter Kindern, so steht es auch im Sozialbericht der Bundesregierung, habe seit 1998 deutlich zugenommen. Nach dieser Einschätzung leben in Deutschland »15 Prozent der Kinder bis 14 Jahre und 19,1 Prozent der Jugendlichen bis 24 Jahre unterhalb der Armutsschwelle«. Tendenz steigend!
Die Theorie kennen wir, die Praxis inzwischen auch - in Brakel, Bad Driburg und Höxter. Wer die große Resonanz bei »Tischlein deck dich« in Brakel und bei der Lebensmittelausgabe des »Höxter Tisches« in den Tagen vor Weihnachten gesehen hat, der trifft Menschen mit ALG II-Bescheid, denen es wirklich nicht gut geht. Auch Familien mit Kindern.
»Unsere Kleiderkammern in Bad Driburg, Brakel und Dringenberg sowie die Beratungsstunden werden von 120 Personen in der Woche genutzt«, berichtet die heimische Caritas - ein weiteres Beispiel. Lucie Schmitz von der Brakeler Kleiderkammer hat immer wieder davon berichtet, dass besonders Kleidung für Grundschulkinder stark nachgefragt wird. Und auch Gabriele Popp-Linder vom Kinderschutzbund könnte Abende von den Nöten der Familien erzählen. Vielen wird die real existierende Not gerade vor Weihnachten so richtig bewusst.
Armut, das wissen wir alle, ist schlimm. Und besonders Kinderarmut hat Folgen. Experten sehen in der Kinderarmut sogar eine Ursache für das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler in der Pisa-Studie, denn das Schulsystem unseres Landes sei nicht in der Lage, soziale Ungleichheit zu kompensieren. Zudem, das zeigen Einschulungsuntersuchungen haben Kinder aus armen Familien oder aus sozial benachteiligten Milieus häufiger Sprach-, Verhaltens- sowie motorische Störungen und werden entsprechend häufiger von der Einschulung zurückgestellt als Kinder aus Familien, die nicht arm sind.
Zur Bekämpfung von Armut braucht man eigentlich nur eines: Geld. Kinder kosten Geld. Finanzielle Unterstützung des Staates hilft aber nicht unbedingt aus der Armut heraus. Caritas oder Diakonie können die Not nur lindern.
Vielmehr sind jetzt Politik und Wirtschaft gefragt; die sind zwar immer für alles gefragt, aber hier einmal wirklich. Wie heißt es so schön: Eine gute Wirtschaftspolitik ist auch eine gute Sozialpolitik!

Artikel vom 17.12.2005