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Lachvorräte
für den Keller

»Kabarett in der Region« gefiel

Von Thorsten Böhner
Paderborn (WV). Dem Ostwestfalen wird nachgesagt, er verfüge über einen großen Keller, in den er sich zum Lachen zurückzieht. Einmal im Jahr aber verlassen die waschechten Paderborner diese dunklen Gewölbe und machen sich auf den Weg in die Paderhalle.

»Kabarett in der Region« heißt das Schlagwort, und Samstagabend war es wieder soweit. Der WDR hatte für Moderator Ingo Oschmann eine illustre Gästeliste zusammengestellt, vorneweg der Ex-Mindener und jetzige Kölner Bernd Gieseking, der sein aktuelles Programm »Ab dafür« in Form eines amüsanten Jahresrückblickes präsentierte.
Alle kriegen sie ihr »Fett« weg: Pastor Fliege machte dieselbe, Joschka Fischer zog an Gerhard Schröder vorbei - zumindest, was die Anzahl der Eheschließungen angeht. Nebenher rezitiert Gieseking aus seiner selbstverfassten Oper zur VW-Betriebsratsaffäre und wagt einen Blick in die Zukunft Richtung Fußball-WM: »Die Welt zu Gast bei Freunden« - ein Bösewicht, wer da an CIA-Flüge über Deutschland denkt.
Danach übergab der gewandte Akteur das Ruder an Lokalmatador Stani. Gerade frisch dem Krankenhausbett entkommen, erläutert dieser das Kreuz mit den Pharmakonzernen: Die produzieren auf gut Glück Medikamente, für die es noch gar keine Krankheiten gibt. Also muss schnell eine erfunden werden. Und wer noch ernsthaft erwägt, den Löffel abzugeben, sollte das ganz schnell vergessen. Im Krankenhaus jedenfalls wird erst dann das Zeitliche gesegnet, wenn der Patient organmäßig ausgeschlachtet ist. Als »Schütze Greitemeier« stellt Stani dann noch ein schwindelerregendes Rechenexempel über Hartz IV auf. Egal, ob man ihm dabei am Ende noch folgen kann oder nicht - Lachen ist garantiert.
Das galt weitestgehend auch für Lutz von Rosenberg-Lipinsky, auch wenn er es verhältnismäßig schwer hatte, denn Themen wie Bundestagswahl und Fußball wurden schon von seinen beiden Vorgängern beleuchtet. Zudem wartet er eine Nuance zu lange auf die Lacher und den Applaus aus dem Publikum. Doch auch er setzt seine Pointen, vor allem zum Ende seines Vortrags. Ob es um Frauen im Kreisverkehr oder deren höhere Lebenserwartung geht - diese Gags sind treffsicher.
Den Saal zum Kochen bringt allerdings Moderator Oschmann mit seinen gekonnten Ausführungen über Tupperpartys und Schwangerschaftsgymnastik, und alle Ostwestfalen hatten am Ende der Show genügend Lachvorräte angelegt, um sich für ein Jahr wieder in ihre Keller zurückzuziehen.

Artikel vom 19.12.2005