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Wort zum Sonntag

Von Jutta Hoppe

Jutta Hoppe

»Jauchzet frohlocket, auf preiset die Tage...«
So werden wir es am Sonntag in Enger in der Stiftskirche mit dem strahlend hellen Ton der Trompeten, dem Dröhnen der Pauken, dem jubelnden Chor hören. Das Weihnachtsoratorium von Joh. Sebastian Bach drückt eine beglückende Lebensfreude aus, die in der Musik der Jahrhunderte ihresgleichen sucht. Bach kam es darauf an, Menschen zu schildern, humane, das heißt menschliche Empfindungen und Gefühle auszudrücken.
Die Weihnachtsgeschichte, die Schilderung von der Geburt Christi, ist in ihrem innigen, menschlich beseelten, poetischen Charakter in besonderem Maße seit frühester Zeit Gegenstand künstlerischer Gestaltung gewesen. Das Kind in der Krippe, die begleitende Liebe der Mutter, aber auch die große Botschaft des »Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen« haben die Menschen bewegt. Die Friedenssehnsucht der Völker ist bis heute geblieben.
Es macht die Größe des Weihnachtsoratoriums aus, dass sich sein Schöpfer nicht einer mystischen Musik bedient, sondern sich der Vermenschlichung des Inhalts näherte. Dabei entsteht im Rahmen der Kantatenform eine höchst poetische Bildkraft. So folgt dem Evangelistenbericht, wie Maria ihr Kind in eine Krippe bettet, der innige Gesang des Chores. »Er ist auf Erden kommen arm.« Eine Bass-Arie feiert das Kind als künftigen »großen Herrn und starken König«.
Die Szene mit den Hirten auf dem Felde und die Ankunft der himmlischen Heerscharen mit der Verkündigung von Christi Geburt, fasst Bach ganz naiv auf: Er gestaltet ein fröhliches gemeinsames Musizieren von Hirten und Engeln.
Der Text des Weihnachtsoratoriums wurde mit großem Geschick zusammengestellt. Bibelworte, Kirchenliedtexte und freie Texte werden zusammengefügt. Man kann mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass Bach selbst an der Textformung nicht unwesentlichen Anteil hatte.
Das Weihnachtsoratorium ist ein Meisterwerk volkstümlicher, realistischer Gestaltung, geprägt von der großen Idee des Friedens und der Brüderlichkeit der Menschen. Mit der lebensbejahenden Musik dieses Werkes weist Bach in Gehalt und Gestalt weit in die Zukunft.
Dieses musikalische Ereignis soll uns einstimmen in die frohe Weihnachtsbotschaft, die da heißt: »Fürchtet euch nicht, denn euch ist heute der Heiland geboren.«

Artikel vom 17.12.2005