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Kühe grausam
abgemagert!

Landwirt aus Werther verurteilt

Werther (SKü). Die Fotos von völlig verdreckten und abgemagerten Kühen, die gestern im Saal 21 des Haller Amtsgerichts kursierten, waren nichts für Tierfreunde mit schwachen Nerven. Wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz musste sich dort ein 45-jähriger Landwirt aus Werther verantworten.

Für den alleinstehenden Landwirt, der nach dem Unfalltod seiner Mutter vor knapp drei Jahren eine offenbar sehr wichtige Stütze auf dem 38 Hektar großen Betrieb verloren hatte, ging es gestern um sehr viel vor Amtsrichter Pöld. Viel mehr als es letztlich die Verurteilung zu einer Geldbuße von 1500 Euro (100 Tagessätze à 15 Euro) erkennen ließ. Denn in Anbetracht des Ausmaßes an dokumentierter Tierquälerei, die möglicherweise einer heillosen Überforderung des Landwirtes entsprang, stand sogar ein Berufsverbot im Raum. Dass es letztlich dazu nicht kam, hat der Bauer dem engagierten Einsatz seines Anwaltes Peter Wüller (»Er ist Bauer und kann nichts anderes.«) und dem Umstand zu verdanken, dass er bislang nicht vorbestraft ist. Doch bei weiteren Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, das machte auch Amtsanwältin Anja Pautz sehr deutlich, würde ein Tierhaltungs- und damit ein Berufsverbot greifen.
Obwohl der Landwirt jetzt unter verschärfter Beobachtung der amtlichen Veterinäre vom Kreis Gütersloh steht, war der Fall überhaupt erst durch die Tierkörperbeseitigungsanstalt in Osnabrück aufgedeckt worden. Dorthin waren zwei verendete Rinder vom Hof gebracht worden, von denen eines sogar nur noch 75 Kilogramm wog. Die Tiere waren mutmaßlich verhungert, hatten keinerlei Fettreserven mehr. Der Behauptung des Angeklagten, dass ein sogenannter Selenmangel zur schnellen Abmagerung und Verendung geführt habe, schenkte das Gericht keinen Glauben. Dass dieser Rindertod nicht mit verurteilt wurde, hatte prozessökonomische Gründe. Es hätten sonst weitere Gutachten erstellt werden müssen.
Blieb die erwiesene Unterernährung und Verdreckung (»Knietief in Kot und Urin gestanden«) weiterer acht Rinder im Oktober vergangenen Jahres. Statt normalen 500 Kilo wogen einzelne Rinder nur 175 Kilo. Das Veterinäramt machte daraufhin klare Vorgaben zur Ernährung der Tiere und Säuberung der Ställe, die der Bauer wohl auch erfüllte.
Die Milchviehhaltung hat er bis auf sechs Rinder aufgegeben. Er stellt auf Schweinehaltung um, will von jetzt 180 auf 540 Tiere ausbauen. Hierin sieht er die einzige Chance auf wirtschafliche Genesung, aufgeben will er den Hof auf keinen Fall. Das Veterinäramt will jetzt weiter ein Auge auf ihn haben, hat aber für 4500 Tierhaltungen im Kreis nur 13 Kontrolleure zur Verfügung.

Artikel vom 15.12.2005