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»Wir sind unser
bester Gegner«

Interview mit Doug Spradley

Von Peter Klute
Paderborn (WV). In der Meisterschaft ungeschlagen (33 Siege am Stück, 13 in der neuen Saison), im BBL-Pokal erst im Viertelfinale nach Verlängerung am Deutschen Meister Frankfurt gescheitert und im laufenden Wettbewerb noch dabei, Vizemeister und jetzt Tabellenführer der 2. Bundesliga Nord mit vier Punkten Vorsprung: Mit einem 71:67-Sieg am Dienstag bei den Düsseldorf Magics (wir berichteten in einer Teilauflage) beendete Zweitligist Schröno Paderborn Baskets ein fantastisches Jahr. Coach Doug Spradley zieht im Gespräch mit dem WESTFÄLISCHEN VOLKSBLATT Bilanz.

Herr Spradley, hätten Sie eine derart erfolgreiche Bilanz zu Beginn des Jahres für möglich gehalten? Doug Spradley: Nein, daran habe ich nicht geglaubt. Ein Ausrutscher geht so schnell. Dass wir auch in hektischen Momenten immer konzentriert geblieben sind, ist für mich ein Wunder.

Schmerzt Sie der verpasste Aufstieg noch?Spradley: Natürlich wären wir schon in der vergangenen Saison gerne aufgestiegen, zumal es nur am direkten Vergleich gescheitert ist. Aber die Erfahrung, die wir im Zweikampf mit Bremerhaven gesammelt haben, ist unbezahlbar und kommt uns jetzt zu Gute.

Ist die aktuelle Mannschaft die stärkste, die Sie bislang trainieren durften?Spradley: Jede Mannschaft hatte ihre eigenen Qualitäten, aber die derzeitige ist sicher die mit dem meisten Talent. Unser Potenzial ist durch die beiden Neuzugänge Michael Buse und Jimmy James weiter gestiegen. Michael war von Anfang an gesund und hat daher bisher die entscheidendere Rolle gespielt. Jimmy kommt nach seiner Verletzung immer besser in Schwung, ist aber noch lange nicht bei 100 Prozent. In der Kombination harte Arbeit, Talent, Ehrgeiz, mannschaftliche Geschlossenheit und Herz sind wir sehr schwer zu schlagen. Ein Gegner kann nicht sagen, er verteidigt einen Spieler von uns, dann punkten die anderen. Ich bin sehr dankbar, dass ich so eine Mannschaft habe. Sich bei 30 Punkten Vorsprung noch einem Ball hinterherzuschmeißen, das macht nicht jeder. So etwas kann man nicht kaufen.

80:77 gegen Hagen, 71:67 in Düsseldorf. Wie beurteilen Sie die jüngsten knappen Siege?Spradley: Sie waren sehr wichtig für die Mannschaft. Sie hat gezeigt, dass sie immer einen Weg findet, auch wenn die Wurfquoten schlecht sind. Es kann ja nicht immer so laufen wie gegen Göttingen. Wenn wir so treffen wie in dem Spiel, sind wir unschlagbar.

Apropos unschlagbar. Diese Mannschaft können wohl nur schwere Verletzungen stoppen oder?Spradley: Darüber rede ich nicht und daran denke ich nicht. Wir haben aber auch in der Vergangenheit schon bewiesen, dass wir in der Lage sind, Ausfälle zu kompensieren.

Sollten alle gesund bleiben, was kann denn dann überhaupt noch schief gehen?Spradley: Man merkt, dass sich alle Teams in der Saison steigern, aber es stimmt schon, dass wir selbst unser bester Gegner sind. Nämlich dann, wenn wir unsere Leistung nicht bringen. Wichtig ist, dass die Mannschaft nicht nachlässt, den Ehrgeiz und das Vertrauen behält, jedes Spiel gewinnen zu wollen und zu können und, wie gegen Hagen, auch kurz vor Schluss noch einen Rückstand umzudrehen. Je früher wir unser Ziel erreicht haben, umso besser. Dem kommen wir mit jedem Sieg näher, aber es würde mich schon sehr überraschen, wenn wir am Ende der Saison immer noch ohne Niederlage dastehen sollten.

An welches Ereignis 2005 denken Sie am ehesten zurück?Spradley: Ich sehe das gesamte Bild. Die Strukturen im Verein, die Mannschaft, die gestiegenen Zuschauerzahlen, das ist alles sehr positiv und läuft auf das große Ziel hinaus.

Das heißt 1. Bundesliga. Ist die heutige Mannschaft dafür schon stark genug? Spradley: Sie ist auf jeden Fall nicht weit davon entfernt. Man darf aber nicht den Fehler machen, die Pokalspiele aus der Vorsaison als Maßstab zu nehmen. In einem Spiel können wir einen Erstligisten, auch ein Spitzenteam, schlagen. Das funktioniert ab und zu, aber jede Woche ist das verdammt schwer. Die 1. Liga ist knochenhart und im Durchschnitt viel stärker besetzt. Wenn wir aufsteigen, muss alles noch professioneller werden. Das heißt aber nicht, dass wir ein komplett neues Team benötigen. Selbst wenn ich das wollte, würde der Vorstand sicher nein sagen und das hätten auch unsere treuen Zuschauer nicht verdient. Es gibt ein Konzept und da wird Kontinuität sehr groß geschrieben.

Artikel vom 15.12.2005