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Piccoli: 200 Filme in 60 Jahren

Der große Franzose feiert 80.

Von Sabine Glaubitz
Paris (dpa). Michel Piccoli ist eine Kämpfernatur. Im Beruf wie auch im Privatleben. Am Dienstag wird er 80 Jahre alt.

Er lässt kein Filmfestival und keine Premiere aus, um auf die prekäre Situation des Schauspielerberufs hinzuweisen. Seinem »Sturm-und Drang-Charakter« hat der französische Schauspieler auch zu verdanken, dass er in seiner 60-jährigen Karriere auf mehr als 200 Filme blicken kann - im Durchschnitt 3 Filme pro Jahr.
Eine beachtliche Leistung, mit der außer Catherine Deneuve kein anderer Star in Frankreich mithalten kann. Seit Ende der 40er Jahre steht der in Paris geborene Piccoli vor der Kamera. Sein Filmdebüt gab er 1945 in »Das Geheimnis der Berghütte«, es folgten in »Der Tod in diesem Garten« (1956) oder ein Jahr später in »Nathalie«. Den Durchbruch schaffte er 1963 in »Die Verachtung«, wo er an der Seite von Brigitte Bardot stand.
Piccoli überzeugt durch Dominanz, Kraft und Einfühlungsvermögen: Ob in »Tagebuch einer Kammerzofe« (1964), in »Der diskrete Charme der Bourgeoisie« (1972) oder in Marco Fererris Gesellschafts-Satire »Das große Fressen« aus dem Jahr 1973. Alle drei Streifen wurden zu Klassikern der Filmgeschichte.
Romy Schneider gehörte zu den Schauspielerinnen, mit denen Piccoli häufig auf der Leinwand zu sehen war: »Trio Infernal« (1974), »Die Dinge des Lebens« und »Die Spaziergängerin von Sans-Souci« (beide 1969). Furore machte Michel Piccoli indes auch immer wieder als Theaterschauspieler - unter anderem in Arthur Schnitzlers Tragikkomödie »Das weite Land«.
An Piccolis Kämpfernatur, die sich aus einer »dynamischen Unzufriedenheit nährt«, wie der Sohn einer Musikerfamilie italienischen Ursprungs selber sagt, hat sich auch im hohen Alter nichts geändert: Noch in diesem Jahr führte er Filmregie. Der Trick-Spielfilm »Die Prophezeihung der Frösche« wurde 2004 bejubelt.
In Agnès Vardas Film »Les cent et une nuit«, eine Hommage auf 100 Jahre Filmkunst, die auf der 45. Berlinale 1995 gezeigt wurde, stand Piccoli als uralter »Monsieur Cinema« im Mittelpunkt. Agnès Varda brachte sein schauspielerisches Geheimnis wohl am besten auf den Punkt: »Er versteht es, seine Kunst zu verbergen, weil er die Gabe hat, sie sparsam zu verwenden.«

Artikel vom 24.12.2005