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»Stagnation ist nichts für Sponsoren«

Fußball: TuS Solbad Ravensbergs Verantwortliche und ihre Visionen - Landesliga fest im Visier

Von Stephan Arend und Hans-Heinrich Sellmann
Altkreis (WB). Kein anderer heimischer Fußballverein hat in den vergangenen Jahren für so viel Gesprächsstoff gesorgt wie TuS Solbad Ravensberg. Noch gar nicht so lange her, dass auf staubiger und matschiger Asche am Kleekamp um C-Liga-Punkte gekämpft wurde.

Mittlerweile wird - abgesehen von den Wintermonaten - im schicken Stadion auf Rasen gekickt. Solbad ist hinter Spvg. Steinhagen das klassenhöchste Team im Altkreis. Der Bezirksliga-Neuling hat ehrgeizige Ziele, will Steinhagen auf Dauer als Nummer eins ablösen. Die Verantwortlichen treiben die Visionen erfolgsorientiert voran und bieten so auch Angriffsflächen für Kritiker - wie jüngst beim Rauswurf von Aufstiegscoach Jörg Pudel. Grund genug für das WESTFALEN-BLATT, mit Spielertrainer Martin Przondziono, Fußball-Obmann Frank Fister, dem 2. Vorsitzenden Meik Tabatt und Hauptsponsor David Fister über Gegenwart und Zukunft des Vereines zu sprechen.

Herr Fister, kann man in Ihren Wettbüros auf die Spiele des TuS Solbad Ravensberg setzen?David Fister: Das hängt ganz vom Spielplan ab. Wir bieten auch Partien aus diesen Klassen an. Manchmal sind Teams aus dem Bielefelder Raum an der Reihe, manchmal auch der TuS Solbad. Man muss diese Spiele aber mit anderen kombinieren.

Vorausgesetzt eine solche Wette wäre möglich: Würden Sie empfehlen, 100 Euro auf den Landesliga-Aufstieg des TuS Solbad in dieser Saison zu setzen?David Fister: Ich würde das machen. Doch noch sicherer scheint mir der Aufstieg des SC Peckeloh in die Bezirksliga zu sein. Die haben es verdient, werden es schaffen. Da halte ich jede Wette.

Von Ihnen stammt der Satz: »Wir wollen Spvg. Steinhagen als Nummer eins im Altkreis ablösen«. Was macht Sie so optimistisch?David Fister: Das ist richtig. Ich glaube an die Stärke der Mannschaft. Ich vertraue unserem Trainer Martin Przondziono und auch den Spielern wie André Graul, Alfred Alfano und Ömer Ciftci.
Martin Przondziono: Es ist doch wichtig, Visionen zu haben. Wir wollen in die Landesliga. Wenn wir es schon in dieser Saison schaffen, wäre das klasse. Wenn nicht, dann sollte es mittelfristig klappen. Unser Ziel kann es doch nicht sein, 15 Jahre in der Bezirksliga zu spielen.

Von der C-Liga fast direkt in die Bezirksliga und nun nimmt man in Pium sofort die Landesliga ins Visier. Käme der erneute Aufstieg nicht zu früh?Meik Tabatt: Wir müssen in dieser Saison ja nicht sofort aufsteigen. Doch zu früh käme dieser Erfolg nicht. Die Qualität und Quantität der Mannschaft stimmen.

Kritiker sagen, dass die erste Mannschaft mit finanziellen Mitteln nach oben gepusht wird, dass die Abteilung - sprich die Reserve und die Jugend - sich aber nicht mitentwickelt...Meik Tabatt: Das ist bedingt richtig. Wir haben zum Beispiel in unserer Jugendabteilung einen starken Zulauf. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem es schwierig wird, für alle Kinder und Jugendlichen Betreuer zu finden und Trainingsmöglichkeiten zu schaffen. Wir arbeiten daran. Doch es stimmt: Die zweite Mannschaft muss in der nächsten Saison in die B-Liga aufsteigen. Diese Spielzeit wird daraus wohl nichts mehr werden.
David Fister: Das liegt natürlich auch daran, dass gute Spieler wie Florian Dietrich an die erste Mannschaft abgegeben wurden.
Frank Fister: Es ist doch aber nicht so, dass wir uns jede Saison eine neue Mannschaft zusammenkaufen. Alfano, Patzke, Ciftci, Graul zählen schon seit Jahren zum Stamm. Richtig ist, dass wir uns punktuell - wie vor dieser Saison mit Jens Hülsmann und Oliver Nestmann - verstärken, um unsere Vision voranzutreiben. Dass wir einen Spieler wie Martin Przondziono bekommen haben, war zudem ein großer Glücksfall.

Apropos Jens Hülsmann. Der ist mit Osnabrück II in die Oberliga aufgestiegen und hat mit dem Regionalliga-Kader trainiert. Schwer vorzustellen, dass ein solcher Spieler ohne finanziellen Anreiz in die Bezirksliga wechselt...Frank Fister: Jens hat in Osnabrück den Sprung ins Regionalliga-Team nicht geschafft. Deshalb hat er sich auf seinen Beruf konzentriert und musste sportlich kürzer treten. Der Kontakt zum TuS Solbad ist durch seinen Schwiegervater zustande gekommen, den David sehr gut kennt. Jens Hülsmann bestreitet seinen Lebensunterhalt als Maler und gewiss nicht mit dem Fußball.

Herr Fister, wie sieht Ihr Engagement für den TuS Solbad aus. Überweisen Sie einen Betrag X aufs Konto der Fußball-Abteilung oder steckt mehr dahinter?David Fister: Ich zahle wie andere Sponsoren auch in einen Gesamttopf - allerdings den Löwenanteil. Aus diesem Topf werden alle Aufwendungen für die Senioren-Abteilung beglichen wie zum Beispiel auch die Ausbildungs- und Förderungs-Entschädigungen. Einige Spieler wie Knezevic, Savic oder unser Neuzugang Rafael Baczynski arbeiten bei mir. Zudem versuche ich, weitere Geldgeber zu gewinnen.
Frank Fister: Seit dieser Saison gibt es bei uns eine Sponsoren-Beauftragte. Jennifer Wisniewski hat inzwischen einen Pool von etwa 30 Sponsoren aufgebaut, die uns natürlich in ganz unterschiedlichem Maße unterstützen.
Meik Tabatt: Sollte David Fister irgendwann einmal die Lust verlieren und uns nicht mehr unterstützen, bricht beim TuS Solbad gewiss nicht alles zusammen.

Martin, wie bist du vor einem Jahr aus der Regionalliga auf direktem Weg in die Kreisliga A zum TuS Solbad gekommen?Martin Przondziono: Eigentlich hatte ich wegen diverser KnieOperationen schon aufgehört. Ich wollte nur noch abtrainieren und, nachdem wir von Münster nach Osnabrück gezogen waren, ein bisschen in Osnabrück-Hellern kicken. Dann traf ich David und der schlug vor, zum TuS Solbad zu kommen. Ganz ehrlich: Das hatte ich total unterschätzt. Ich war immer davon ausgegangen, dass in der Kreisliga nur Spieler mit dicken Bäuchen rumlaufen, die Sonntagmorgens auch schon mal besoffen zum Treffpunkt kommen. Dass es jetzt ganz anders gekommen ist, stört mich überhaupt nicht. Der Fußball ist schließlich in mir und wird es auch bleiben.

Als Co.-Trainer und Spieler warst auch du mitverantwortlich für die sportliche Talfahrt im Oktober. Trainer Jörg Pudel musste gehen, Du dagegen bist »befördert« worden. Das klingt auf den ersten Blick alles andere als logisch...Martin Przondziono: Natürlich haben wir einige Entscheidungen zusammen getroffen. In letzter Instanz war aber immer Jörg zuständig. Wenn es nicht läuft, ist es eben so, dass der, der oben steht, gehen muss. Egal, ob man nun Bundesliga oder Bezirksliga spielt. Solchen Situationen stehe ich ganz stumpf gegenüber. Ich habe in meinem Fußballer-Leben gelernt, dass man diese Dinge nehmen muss, wie sie kommen.

Ist denn dieser Vergleich zwischen Bundes- und Bezirksliga überhaupt möglich?Martin Przondziono: Mir bleibt da gar nichts anderes übrig. Ich muss das als Maßstab nehmen, was ich erlebt habe. Die Spielklasse ist ganz egal. Noch einmal: Man muss da emotionslos bleiben. Wenn ich zehn Spiele verliere, kommt der Vorstand auch zu mir und sagt, dass ich gehen kann.

Jörg Pudel ist mit Solbad in die Bezirksliga aufgestiegen und musste nach vier sieglosen Spielen gehen. Sein Vorgänger Brian Payne durfte nach einem Doppelaufstieg nicht weitermachen. Trainer scheinen es beim TuS Solbad nicht leicht zu haben...Frank Fister: Bei Brian war die Lage anders als bei Jörg. Er hätte vermutlich gerne weitergemacht. Der Vorstand hat aber entschieden aufzuhören, wenn es am schönsten ist. Nach fünf Jahren gab es Abnutzungserscheinigungen. Brian hat sich menschlich und sportlich absolut sauber verhalten, hat die Saison erfolgreich zu Ende gebracht. Jörg Pudels Abgang war ein schleichender Prozess, der schon damit anfing, dass er sich zu Saisonbeginn bei Versmolds Altliga angemeldet hat. Das hat bei uns im Verein für die erste Unruhe im Umfeld gesorgt.

Martin, Solbad kann man vielleicht sogar als einen Regionalligisten wie einst Paderborn im Miniformat bezeichnen. Zumindest in Bezug auf Sponsoren, die einiges investieren aber auch möglichst schnell Erfolge sehen wollen. Spürst du Druck?Martin Przondziono: Natürlich fühle ich mich für den Verein verantwortlich. Für mich ist Fußball aber in erster Linie immer noch ein Spiel, das mir viel Spaß macht.

Ist der Aufstieg in die Landesliga - das erklärte Ziel - planbar?Frank Fister: Anders als in den Jahren zuvor habe ich es mir vor der Saison nicht zugetraut, den Aufstieg zu planen. Vorher konnten wir maximal sagen, dass wir oben mitspielen wollen. Mittlerweile kennen wir uns in der Bezirksliga besser aus und haben gesehen, dass es immer auch Überraschungen geben kann. Marienfeld zum Beispiel hatten alle mehr zugetraut. Das zeigt, dass du gar nichts planen kannst.
Martin Przondziono: Und dann gibt es immer die gewissen Unwägbarkeiten. Plötzlich stehst du nämlich morgens da und bekommst keine elf Mann mehr zusammen - wegen Verletzungen, Sperren oder sonst was. Auch wir hatten große personelle Probleme.

Anders als dein Vorgänger, der öffentlich oft tief gestapelt hat, hast du den Aufstieg deutlich als Saisonziel formuliert. Und das bei sieben Punkten Rückstand auf Platz eins...Martin Przondziono: Da bin ich nun mal 100-prozentig von überzeugt. Ich sehe, was in den Jungs steckt, und wie bislang alle mitgezogen haben. Ich tue alles für den Aufstieg, und dann kann ich das auch sagen.

Wird es in der Winterpause außer Rafael Baczynski noch weitere höherklassige Neuverpflichtungen geben?Martin Przondziono: Wir hatten zuletzt einige Anfragen von Spielern, die gerne zu uns kommen wollen, und die dann auch bei uns mittrainiert haben. Ich wehre mich nicht dagegen, gute Spieler aufzunehmen. Allerdings scheitert eine Verpflichtung oft daran, dass die Spieler völlig falsche Vorstellungen davon haben, was sie bei uns verdienen können.

Nach fünf Siegen in Folge habt ihr den Abstand auf Spitzenreiter Verl II auf vier Punkte verkürzt. Glaubst du, dass Verl in der Rückrunde verstärkt auf Spieler aus dem großen Oberliga-Kader setzt?Martin Przondziono: Ich muss mir nicht Verls Kopf zerbrechen. Wir machen uns nicht in die Buchse, wenn bei denen drei Oberliga-Spieler dabei sind. Wir haben auch einige Spieler mit Oberliga-Format. Die sind nicht schlechter als einige bei meinem letzten Verein Preußen Münster.

Wo spielt TuS Solbad in drei bis vier Jahren?Frank Fister: Wenn wir in der Landesliga spielen, bin ich zufrieden.
Martin Przondziono: Wenn wir in die Landesliga aufsteigen, will ich auch in der nächsten Saison als Neuling wieder aufsteigen. Ich will immer gewinnen und nicht um Platz sechs spielen.
Meik Tabatt: Ich wünsche mir die erste Mannschaft in der Landesliga und die Reserve in der A- oder B-Liga. Wichtig ist aber auch, dass das ganze Umfeld mitwächst. Es müssen mehr Leute mit ins Boot geholt werden. Zurzeit sind die Aufgaben auf zu wenigen Schultern verteilt. Der Bau der neuen Umkleiden am Kleekamp ist ein gutes Signal. Die bauen wir in Eigenregie, weil die Kommune kein Geld hat.
David Fister: Bis 2007 sollten wir in der Landesliga sein. Sonst verliert man ja die Lust. Stagnation ist nichts für Sponsoren.

Artikel vom 24.12.2005