13.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Im »Eselsohr« wird viel gelacht

Brigitte Kaczorowski öffnet die Tür zur Bücherei in der Friedenskirche Stukenbrock

Von Monika Schönfeld
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Es ist laut und es wird viel gelacht. In der Vorweihnachtszeit gibt es neben Tee und Kaffee auch Plätzchen. »Wir sind eine Bücherei - keine Bibliothek, in der es mucksmäuschenstill sein muss«, lacht Brigitte Kaczorowski. Sie hat für das WESTFALEN-BLATT die Bücherei »Eselsohr« in der evangelischen Friedenskirche in Stukenbrock geöffnet.

Eine Bücherei in einer Kirche ist keine Seltenheit. Aber: »Wir sind eine normale Bücherei wie alle anderen auch und haben nicht nur Kirchliches.« So seien einige Besucher überrascht, dass sie hier Sachbücher und die neuesten Spannungsromane finden. »Aber bei den meisten hat es sich schon herumgesprochen«, sagt die Büchereileiterin, die wie ihr Team mit Sylvia Milewski, Melanie Pramur, Marlies Vollmar und Anja Röse ehrenamtlich arbeitet. »Das Gemeindeleben findet in der Kirche statt. Wir haben ja kein Gemeindehaus in Stukenbrock«, sagt Brigitte Kaczorowski, die das »Eselsohr« seit 1996 leitet. Die Bücherei werde auch als Mehrzweckraum von anderen Gruppe genutzt, stehe deshalb mitten im Gemeindeleben. Gegründet hat Klaus Hirschmann die Bücherei, damals noch als Kinder- und Jugendbücherei konzipiert. Als sie die Leitung übernommen hat, sollte das Kind einen Namen bekommen. Die Nutzer der Bibliothek konnten Vorschläge einreichen, es siegte der eines damaligen Konfirmanden. »Nicht jeder war über den Namen glücklich. Aber ein Buch mit Eselsohr - das wird gelesen.« Ihre Tochter Tanja habe dann vor sechs Jahren für eine Prüfungsarbeit in ihrer Ausbildung zur Grafikdesignerin das Logo und die Broschüre entworfen.
Obwohl Kinder- und Jugendbücher zum Pflichtprogramm der Bücherei gehören, liegt der Schwerpunkt heute auf der Literatur für Erwachsene. »Wir versuchen immer, die aktuellen Bücher anzuschaffen.« Bei einem Jahresetat von 1500 Euro, unterstützt auch von der Stadt Schloß Holte-Stukenbrock, gelingt das auch meistens. So sind die neuesten Krimis und Thriller von Henning Mankell, David Baldacci, Ken Follet, Patricia Cornwell und Katie Reichs, aber auch die heiß und innig geliebten Barbara Wood und Diana Gabaldon-Sagen vorrätig. Im Jugendbereich ist Harry Potter natürlich fast immer verliehen, die ersten Bücher wurden gleich mehrfach angeschafft. Aber auch der witzigere, bissigere und nicht so liebe Artemis Fowl von Eoin Colfer ist da und läuft Harry Potter beinahe den Ausleih-Rang ab. Potter und andere sind auch als Hörbücher vorhanden, zudem bietet das Eselsohr Hörspiele und Videos, immer mehr DVDs, CDs und Computerspiele auf CD-Rom an.
Die Ausleihe ist kostenlos. »Ich möchte jedem das kostenlose Lesen ermöglichen und sträube mich gegen eine Gebühr«, sagt Brigitte Kaczorowski. Ein bisschen Geld komme schließlich in die Kasse durch die Überziehungsgebühren - mit 25 Cent pro Woche und Medium immer noch sehr preiswert - und die Bücherflohmärkte. Dann werden die Regalhüter oder alte Exemplare abgegeben - gegen eine Spende, die jeder selbst bestimmt. Für die Ausleihe von Videos wird allerdings eine Gebühr von einem Euro für zwei Wochen fällig. Während Romane und die Kinderbücher wie Petterson und Findus, Mama Muh oder der Kleine Eisbär wie die Romane für vier Wochen ausgeliehen werden können, sind Sach-, Koch- und Bastelbücher auf zwei Wochen beschränkt.
Der Erfolg der Bücherei spricht für sich. Die etwa 5000 Medien werden von 200 Stammlesern 10 000-mal im Jahr ausgeliehen. »Wir sind aktuell und gehen auf Leserwünsche ein. Jetzt haben wir die so genannten Mädchenbücher«, erklärt sich Brigitte Kaczorowski das Interesse. Tee und Kaffee gebe es kostenlos. »Ich will die Leute zum Lesen bringen, sie nicht erziehen.« Wer im »Eselsohr« nur »kirchliches Gedöns« vermute, liege verkehrt. Teilweise werden Bücher nicht ausgeliehen, weil niemand in einer Bücherei in der Kirche diese Bücher vermute.
Die Bücherei ist dienstags von 14.30 bis 16.30 Uhr, sonntags von 9.45 bis 10.30 Uhr und an jedem ersten Donnerstag im Monat wie dienstags geöffnet.
Viel Arbeit findet statt, wenn die Bücherei nicht geöffnet ist. Denn die Bücher müssen in Folie eingebunden, katalogisiert, mit Ausleihkarten versehen und die Daten in den Computer eingegeben werden. »Wir könnten einen neuen Computer gebrauchen«, bringt Brigitte Kaczorowski nebenbei an. Das antike Schätzchen sei für ein neues Bibliotheksprogramm völlig überaltert, hofft sie auf großzügige Spender.

Artikel vom 13.12.2005