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Protest in den Praxen

Ärzte fordern »Euro statt Punkte« - Streik am Städtischen Klinikum

Kreis Gütersloh (WB/peb). Der größte Teil der Gütersloher Arztpraxen bleibt am kommenden Mittwoch, 14. Dezember, geschlossen. Damit schließen sich die Mediziner an diesem Tag dem bundesweiten Protest an, der vom Verein Freie Ärzteschaft initiiert und auch von der neuen Initiative Gesundheit OWL unterstützt wird. Bereits einen Tag vorher, am morgigen Dienstag, streiken bis zu 100 Ärzte von 13 bis 13.30 Uhr vor dem Städtischen Klinikum Gütersloh.

Der Protest richtet sich gegen die von den Ärzten beklagte Verfahrensweise im Gesundheitssystem, nach dem die Ärzte seit Jahren »erheblich mehr Leistungen« erbringen würden, »als die Krankenkassen bezahlen«, so ein Schreiben der Mediziner. Die Behandlung von Patienten sei demnach »teilweise nicht mehr kostendeckend«. Bislang sei die Behandlung von Kassenpatienten durch die höhere Vergütung bei Privatpatienten subventioniert worden. Nun wolle Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die Privathonorare absenken, »so dass eine wirtschaftliche Praxisführung nicht mehr möglich sein wird. Die Existenz vieler Praxen und damit die wohnortnahe Versorgung durch den Arzt« werde zerstört.
Auf etwa 80 Prozent schätzt das Gütersloher Ärztenetz MediGüt die Beteiligung unter den Gütersloher Ärzten, deren Praxen am Mittwoch geschlossen bleiben. In ihrer jüngsten Vollversammlung haben die Mitglieder von MediGüt die Teilnahme am Protest beschlossen. MediGüt ist mit weiteren Ärzte-Vertretungen in der Region zur Initiative Gesundheit OWL zusammengeschlossen.
In Verl werden laut MediGüt alle Praxen bis auf den organisierten Notdienst, der von Dr. Niemann versehen wird, geschlossen bleiben. »Alle anderen Ärzte treffen sich zu der von Ministerin Ulla Schmidt geforderten Fortbildung«, erklärte MediGüt-Sprecher Dr. Michael Prange. In Gütersloh werden sich demnach rund 80 Prozent der Praxen dem Protest anschließen, die übrigen Praxen werden den Notdienst versehen.
»In Schloß Holte-Stukenbrock bleibt ebenfalls die überwiegende Zahl der Praxen geschlossen. Den hausärztlichen Notdienst versieht die Praxis Dr. Franke & Partner«, so Dr. Prange. Im Altkreis Halle schließt sich MediGüt zufolge die Mehrheit der Praxen dem Protest an.
»Mit unserem Protest fordern wir die Sicherung der qualitativ sehr guten ambulanten Medizin in Deutschland, feste angemessene Vergütung unserer Leistungen - »Euro statt Punkte« - und die Abkehr von der zunehmenden Rationierung, zu der wir von der Politik gezwungen werden«, erklärte der MediGüt-Sprecher weiter. Zudem fordern die Ärzte die Beendigung einer Mengensteuerung bei der Diagnostik, Therapie und Verordnung von Medikamenten, »die nur zu Lasten der Ärzte« gehe. Die Transparenz durch Einführung der in der EU üblichen Kostenerstattung und der Verzicht auf die Einführung einer Gesundheitskarte auf Kosten der Mediziner sind weitere Forderungen, die die Ärzte unterstreichen wollen.
Dr. Michael Prange: »Zur Durchsetzung unserer Forderungen werden weitere Aktionen, die durchaus auch längere Praxisschließungen beinhalten können, durchgeführt werden.« Nach Schätzungen der Initiative Gesundheit OWL liegen die Umsatzrückgänge bei einigen Praxen bei bis zu 40 Prozent, je nach Tätigkeitsfeld der Ärzte. Kardiologen und Nervenärzte seien besonders betroffen. Und Dr. Prange stellte fest, dass Ärzte im Raum Gütersloh bereits Personal abgebaut, Ausbildungsplätze gestrichen hätten. »Und diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen«, wenn es bei den bisherigen Regelungen bleibe.

Artikel vom 12.12.2005