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Zukunft haucht den
Möbeln Leben ein

Design-Forum bei MARTa: Wie der Mensch wohnt

Herford (wst). Der Frage, wie der Mensch wohnt und was die Wohnumstände über seine Identität aussagen, ging am Donnerstagabend das Design-Forum für Ostwestfalen-Lippe in einer Diskussion in MARTa nach. Moderator Ernst Bonert ließ sechs Experten zu Wort kommen, die sich als Künstler, Architekt, Wissenschaftler oder Werbefachmann mit dem Wohnen beschäftigen.

Deutschlands häufigstes Wohnzimmer präsentierte Gordon Nemitz von der Agentur »JUNGvMATT«. Die Agentur mit Sitz in Hamburg richtete ein Wohnzimmer ein, das bis ins Detail auf die Auswertungen von Statistiken, Umfragen und Hausbesuchen zurückging und so den Durchschnitt deutscher Wohnkultur darstellt. Bewohnt wird es von der fiktiven Durchschnittsfamilie Müller, die wie ihr Wohnzimmer auf Statistiken beruht. Indem die Agentur das Wohnzimmer und seine Bewohner immer auf der Höhe der Zeit hält, gewinnen die Werbefachleute das nötige Wissen für den richtigen Umgang mit dem Markt und den Konsumenten.
Ähnlich detailverliebt ging auch das Westfälische Freilichtmuseum in Detmold vor, als es eine Sammlung »gegenwärtiger Wohnkultur junger Menschen« anlegte, von der Museumsleiter Dr. Jan Carstensen berichtete. Sechs Zimmer von Kindern und jungen Erwachsenen mit mehr als 20 000 Gegenständen erwarb das Museum und stellte sie aus. Damit verbunden war auch eine Untersuchung der Lebensumstände der sechs Bewohner.
Wie es ist, wenn die Kunst die Oberhoheit in einer Wohnung übernimmt, erfuhr das Publikum von MARTa Direktor Jan Hoet. Er überließ 1986 in Gent im Rahmen seines Projektes »Chambres d«Amis« 51 Künstlern die Wohnungen von 70 Bürgern zur künstlerischen Gestaltung, was für die Wohnungsbesitzer, die auf einmal in einem Kunstwerk leben mussten, nicht ohne Risiko war.
Dagegen zieht Innenarchitekt Heinrich Tick von der Firma Tick Internationale Möbel in Bielefeld es vor, wenn seine Kunden sich äußern und sich sogar an seinen Vorstellungen reiben, denn dies würde letztlich zu einem guten Ergebnis für alle Beteiligten führen. In dem Angebot, das die Innenarchitektur wie auch die Einrichtung umfasse, vertrete das Unternehmen konsequent das Konzept der Moderne.
Die Absolventin der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, Sophia Muckle, widmete sich in ihrer preisgekrönten Arbeit der deutschen Wohnkultur und den Bedürfnissen der Gesellschaft, die in ihr zum Ausdruck kommen. So erkannte sie, dass die Wohnkultur an Bedeutung gewonnen hat, was sie auf Rückzugstendenzen der Menschen zurückführt.
Utopisch mutete die Vorstellung des Designers Kai Uetrechts an, der für den Wettbewerb »Wohnen 2040« eine Wohnwelt aus genmanipulierten Pflanzen entwarf. In seiner Vision wohnen die Menschen mit lebenden Stühlen, Regalen und Lampen zusammen, die später auf dem Komposthaufen entsorgt werden. Auch das Haus selber ist eine große Pflanze, was für das Lebensgefühl seiner Bewohner nicht ohne Konsequenzen bleiben werde.

Artikel vom 10.12.2005