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Späte Ehre für den Chauffeur des Kaisers

Preußen-Museum Minden würdigt Leben von Julius Knoop - Nachlass zeigt höfische Pracht

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle/Minden (WB). Selbst bei der Fahrt ins holländische Exil saß Julius Knoop am Steuer des kaiserlichen Automobils. »Des ÝReisekaisersÜ Leibchauffeur« heißt eine Ausstellung, mit der das Preußen-Museum Minden das Leben von Julius Knoop würdigt, der seine Karriere Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Haller Schloss Steinhausen begann.

Die Sonderausstellung wird am Sonntag, 18. Dezember, um 11.30 Uhr eröffnet - »ein buntes Kaleidoskop der Kaiserzeit«, wie der stellvertretende Museumsleiter Carsten Reuß M.A. im WB-Gespräch sagte. Den einzigartigen Nachlass des ehemaligen »Kaiserlichen und Königlichen Wagenführers« Julius Knoop (1887 bis 1967), den Vater des früheren Haller Hauptschulleiters Hanns Dieter Knoop, und seine spannenden Erinnerungen hat das WESTFALEN-BLATT in einer kleinen Serie bereits exklusiv vorgestellt. Jetzt rückt das Preußen-Museum die Erinnerungsstücke in die Geschichte, die Zeit von Preußens Gloria.
Julius Knoop, aufgewachsen unterhalb der Ravensburg, trat 1902 als Kutscher in den Dienst des Grafen Max von Korff-Schmising auf Schloss Steinhausen. Graf Max kaufte schon 1904 einen französischen De Dion-Bouton, das erste Auto im Kreis Halle. An dieses Stück frühe Automobilgeschichte erinnert die Ausstellung auch mit einem Faksimilé eines ersten Strafmandats wegen überhöhter Geschwindigkeit.
Fotos und Uniformjacke stammen aus Knoops Zeit bei den Garde-Jägern. »Knoop ist ein ruhiger, vorsichtiger Fahrer und absolut nüchtern«, hatte ihn der Graf empfohlen. 1908 trat der gebürtige Holtfelder den Dienst als Chauffeur im Kaiserlichen Marstall in Berlin an. Er begleitete Wilhelm II. und seine Familie auf zahlreichen Reisen, fuhr deutsche und ausländische Fürsten. Visitenkarten und Einladungen, Tanzkärtchen und Speisekarten, Porzellan von der kaiserlichen Yacht lassen ein wenig von der Festkultur zu Kaisers Zeiten wieder aufleben, ebenso ein schmuckes Seidenkleid, eine Diener-Livree mit Adlerborten, Fangschnüren und Epauletten sowie Knoops Uniform von den Garde-Järgern.
Julius Knoop blieb Monarchist - auch als Steuersekretär in Bielefeld. Schon 1920 hatte er geheiratet, Charlotte, die Tochter des Hofkutschers Liebe, der schon seit 1880 Chauffeur der Kaiserin war.
Diverse Postkarten und Bilder erinnern an den engen Kontakt, den Julius Knoop weiterhin zum preußischen Königshaus hielt, auch zur zweiten Gattin des Kaisers, Prinzession Hermine. Seinen früheren Dienstherrn besuchte er im Exil im Haus Doorn, wo Preußens Glanz noch immer als »Hofstaat im Kleinen« aufleuchtete. 1929 zeichnete Wilhelm II. seinen Getreuen mit einem Orden aus. Und auch an der Beisetzung des Kronprinzen auf der Burg Hohenzollern nahm der Chauffeur des Kaisers als Gast teil - der Haller und der deutsche Hochadel.
Das Museum in Minden ist dienstags bis donnerstags sowie samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Geschlossen ist Heiligabend und am 1. Weihnachtsfeietag. Neujahr ist ab 14 Uhr geöffnet.

Artikel vom 10.12.2005