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»Umsiedelung ist
ein Experiment«

Krähen-Diskussion im Ausschuss

Steinheim (nf). Für die einen sind sie eine Plage, für die anderen ein Bestandteil der Natur, der unter strengem Artenschutz steht. Im Steinheimer Ausschuss für Heimatpflege, Kultur und Umwelt sorgte die große Krähenkolonie am Steinheimer St. Rochus Wohn- und Altenheim nicht nur für eine heftige Diskussion, sie entzweiten am Ende auch die Gemüter.

Seit Jahren haben die Klagen zugenommen, die von der größten Kolonie am Schützenplatz ausgehen - bis zu 500 Tiere sorgen in der Brutzeit vom Frühjahr bis Frühsommer nicht nur für erheblichen Lärm, sondern auch beträchtliche Schmutzbelästigungen. Mit Hilfe des holländischen Krähenpapstes Dr. Diederick van Liere entwickelte ein Arbeitskreis ein Programm, um das Problem zu lösen. Die Saatkrähen sollen unter sanftem Druck gezwungen werden, ihrem jetzigen Standort zu verlassen und in Außenbereiche umzuziehen. Als neue Standorte wurden die Flächen der Alten Mergelkuhle und das Ziegenfeld ausgewählt (das WB berichtete gestern). Beide Standorte enthalten reichlich Baumbestand, sie liegen zwischen Steinheim und Vinsebeck und sollen ökologisch mit Kleingewässern aufgewertet werden, um sie den Tieren schmackhaft zu machen.
Dennoch konnten weder der Vogelkundler noch Steinheims Umweltberater Eberhard Fischer eine Garantie dafür geben, dass das Experiment gelingt und die als hoch intelligent geltenden Saatkrähen den Umzug mitmachen. Bis zu ihrem Abschluss werde sich die Maßnahme vermutlich über Jahre hinziehen.
Eberhard Fischer berichtete dem Ausschuss, dass momentan schon die Maßnahmen laufen, um den Saatkrähen ihre angestammten Plätze am Schützenplatz regelrecht madig zu machen. Unter anderem wurden Bäume herausgeschnitten und Baumkletterer sind dabei, die Nester einzeln heraus zu nehmen und sie an den künftigen Nistplätzen einzusetzen.
Heftig kritisiert wurde die ganze Aktion von Karl-Josef Lödige: »70 Prozent aller Saatkrähen im Kreis Höxter sind in Steinheim. Wenn die Ausbreitung von Tieren zur Plage wird, muss auch ein Eingriff möglich sein.« Durch die jetzt vorgesehene Konzentration würden die Saatkrähen erneut störend auftreten. Landwirte im Publikum äußerten sich sehr kritisch zu den Krähen, weil sie große wirtschaftliche Schäden anrichteten. Auch glaube man nicht, dass sie die neuen Nester annehmen würden. Die reine Vertreibung vom Schützenplatz berge jedoch ein hohes Risiko: dann bestehe die Gefahr, dass sie sich ein neues Quartier im Stadtgebiet suchen.
Hinter das Vorgehen stellte sich »Sheriff« Helmut Struck. Ohne die sanfte Umsiedlung hätte die Untere Umweltbehörde des Kreises Höxter auch nie zugestimmt. An der Umsetzung beteiligt sich das St. Rochus Krankenhaus und das Altenheim finanziell mit je 2000 Euro. 1800 Euro bleiben von der Stadt zu tragen. Der Ausschuss gab bei drei Enthaltungen eine Empfehlung ab, diese Summe im Haushalt bereit zu stellen.

Artikel vom 10.12.2005