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Harte Strafen für
Pastor-Überfall

Junge Männer müssen in den Knast

Von Wolfgang Wotke
Gütesloh (WB). In ihren Plädoyers haben die Verteidiger den Staatsanwalt Christoph Zielke ins Visier genommen. Der hatte zuvor harte Jugendstrafen gefordert und erklärt, dass man bereits am zweiten Verhandlungstag hätte plädieren können. »Eine Ungeheuerlichkeit«, wetterten die Anwälte.

Am Ende wurden vier junge Männer aus Gütersloh vom Landgericht Bielefeld wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu harten Jugendstrafen zwischen einem und dreieinhalb Jahren verurteilt. Dabei war das Gericht nur knapp unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft geblieben.
Die vier heranwachsenden Männer wurden beschuldigt, im Juni einen 42-jährigen Pastor aus Gütersloh in seinem Haus überfallen, geschlagen und Geld (1000 Euro) erpresst zu haben (wir berichteten). Während der sechs Verhandlungstage schwiegen die Angeklagten zu den Vorwürfen, die Verteidiger hingegen griffen immer wieder verbal das mutmaßliche Opfer an. Rechtsanwalt Martin Rother: »Der Pastor hat hier gelogen, dass sich die Balken gebogen haben. Es war alles ganz anders. Als Zeuge hat er hier vieles vertuschen wollen. Es ging nämlich um seine berufliche Existenz.« Auch Rechtsanwältin Sabine Birken aus Münster sieht Pastor Josef S. als Mitverantwortlichen: »Er hat einen Schleier der Unwahrheit von Anfang an über diesen Fall gelegt.« Und die Verteidiger Michael Naunheim und Volker Willemsen gehen sogar noch weiter: »Der Seelsorger hat auch strafrechtlich gehandelt. Er war es, der von den Jugendlichen Sex gefordert hat. Er ist eindeutig zu weit gegangen. Vor Gericht hat er ein Lügengeflecht aufgebaut. Hier liegt nur ein minderschwerer Fall von Körperverletzung vor.«
Die III. Strafkammer um den vorsitzenden Richter Reinhard Kollmeyer sah das jedoch anders. In der Urteilsbegründung sagte Kollmeyer, dass man bei einem Geständnis vielleicht im Bereich der Bewährung geblieben wäre. Übrigens: Nur der 16-Jährige bekam eine Bewährungsstrafe. NRW

Artikel vom 07.12.2005