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»Ein Geschenk für
das Jesuskind«

Eine Geschichte von Marian Engel, Höxter

Marian Engel aus Höxter.

Es ist Heiligabend. Das Wohnzimmer war bereits fertig geschmückt, als Papa endlich die Krippe vom Dachboden holte. Gemeinsam bauten Papa, meine Schwester Anna und ich sie auf. Dann brachte Mama noch etwas Heu. Zum Schluss kam sie noch mit den Krippenfiguren. »Seid vorsichtig mit dem Jesuskind, damit es nicht kaputt geht«, sagte Mama. Eine ganze Weile schaute ich es an. Es hatte ein freundliches Gesicht mit einem warmen Lächeln.
»Schade, dass man diesem Kind nichts schenken kann«, sagte ich. »Oh doch, das kannst du«, antwortete Mama. »Schließlich hat es dich ja auch schon so oft beschenkt.« »Womit denn?«, fragte ich erstaunt. »Na überleg doch mal!«, forderte Mama mich auf. »Du bist gesund, du hast ein Elternhaus, eine nette Schwester, Freunde. Sind das nicht schöne Geschenke?« Eine ganze Weile war ich damit beschäftigt, darüber nachzudenken. Mama hatte Recht. .Aber wie kann ich diesem Kind eine Freude machen? Auch als wir am Nachmittag in der Kirche saßen, dachte ich immer wieder nach, was ich dem Jesuskind nur schenken könnte.
Endlich war es soweit. Papa öffnete die Wohnzimmertür, damit wir zur Bescherung eintreten konnten. Das ganze Zimmer erstrahlte im Lichterglanz. Wie jedes Jahr spielte Anna zuerst ein paar Weihnachtslieder auf der Blockflöte. Während alle ihr aufmerksam zuhörten, fielen meine Blicke immer wieder auf das Jesuskind in der Krippe. Mama beobachtete das. Als wir alle mit dem Auspacken der Geschenke beschäftigt waren, fragte sie: »Sag mal, warum schaust du so traurig?« »Jetzt habe ich dem Jesuskind doch nichts geschenkt.«, antwortete ich. »Doch, das hast du«, sagte Mama. Erstaunt schaute ich sie an. »Du hast ihm deine Aufmerksamkeit geschenkt. Das habe ich schon den ganzen Tag beobachtet. Darüber hat es sich bestimmt gefreut. Das kannst du ihm jeden Tag schenken.«
Richtig verstanden habe ich das nicht. Aber ich war glücklich, dass das Jesuskind Freude an mir hatte. Endlich konnte auch ich das Auspacken der Geschenke genießen. Es waren viele schöne Überraschungen dabei.
Heute weiß ich, was Mama meinte.

Die Serie »Adventsgeschichten - Wir warten aufs Christkind« ist eine Gemeinschaftsaktion von WESTFALEN-BLATT, Sparkasse Höxter und Sparkassenstiftung. Die schönsten Beiträge erscheinen zum 4. Advent als Buch. rob

Artikel vom 07.12.2005