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Die Relation stimmt nicht

Luhukays Vorwurf: viele Chancen, aber zu wenig Tore und Punkte

Von Peter Klute
Paderborn (WV). »Ihr habt eine gute Mannschaft und steigt nicht ab.« Höflich bedankte sich Jos Luhukay im Presseraum des FC Erzgebirge Aue für die verbalen und in Form von Beifall akustischen Komplimente. So bitter der Moment auch war. 0:1 im Erzgebirgsstadion, dritte Niederlage in Folge trotz 55 Minuten in Überzahl. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit wirkte der Trainer des SC Paderborn 07 angeschlagen.

Der Grund war offensichtlich: Der Aufsteiger lässt zu viele Chancen ungenutzt. Diese Tatsache ist nicht neu. Neu ist aber, dass sich die Fahrlässigkeiten im Abschluss in fehlenden Punkten widerspiegeln. Auch bei den grandiosen Heimsiegen gegen den 1. FC Saarbrücken (5:0), Kickers Offenbach (4:1), Eintracht Braunschweig (3:0) und Sportfreunde Siegen (4:0) mussten es noch mehr Tore sein, in Anbetracht der ohnehin vorhandenen Deutlichkeit und der drei Punkte fiel dieses aber nicht ins Gewicht. Das 0:1 bei 1860 München und das 1:1 beim VfL Bochum kosteten schon Zähler, die aber durch überragende Spiele, eine komfortable Tabellensituation und das späte Ausgleichstor von Marcel Ndjeng im Ruhrstadion noch nicht so vermisst wurden. Das hat sich durch die jüngste Negativserie - 1:2 bei Alemannia Aachen, 1:3 gegen Wacker Burghausen und 0:1 in Aue - grundlegend geändert.
Die Relation zwischen den vorhandenen Möglichkeiten und den erzielten Toren stimmt nicht, obwohl der SCP mit 26 Treffern den Top-Fünf der Liga angehört und 23 Punkte nach 16 Spielen immer noch mehr sind als vor der Saison erwartet. Das Ungleichgewicht bereitet Luhukay dennoch zunehmend Sorgen: »Im Verhältnis zu unseren Chancen haben wir eindeutig zu wenig Punkte. Auch wenn du gut spielst, belohnen kannst du dich nur mit Ergebnissen. Jede vergebene Chance kostet Punkte und ich bin mir ganz sicher, dass wir diesen verpassten Punkten in der Rückrunde hinterherlaufen müssen. Denn fest steht: Mit 23 Zählern hältst du die Klasse nicht.«
»Fünf bis sechs klare Möglichkeiten pro Partie«, machte Präsident Wilfried Finke nach der Begegnung gegen Burghausen aus. So viele waren es auch am Freitag. Markus Bollmann, Marcel Ndjeng und zweimal Mehmet Dragusha fanden ihren Meister im glänzenden Aue-Keeper Tomasz Bobel, Réne Müller scheiterte in der 80. Minute an sich selbst. »Ich wollte es zu schön machen, der Ball musste rein«, sagte der Stürmer selbstkritisch. »René hat sich den schwierigsten Winkel ausgesucht. Schießt er geradeaus, steht es 1:1 und wir nehmen einen Punkt mit. Das wäre gemäß dem Spielverlauf das Mindeste gewesen. Jetzt fahren wir wieder mit leeren Händen nach Hause und das ist sehr traurig«, meinte sein Trainer.
Die vermeintlichen Torgaranten Müller und Ndjeng haben gegensätzliche Tendenzen. Topscorer Ndjeng traf in den ersten acht Spielen viermal, in den folgenden acht nur noch zweimal. Müller erzielte vier seine fünf Tore in den letzten neun Spielen. Die Quote stimmt bei beiden und der gesamten Mannschaft nicht annähernd, wenn man ihre Gelegenheiten als Maßstab nimmt. Mentale Müdigkeit, weil fast immer durchgespielt, Pech, fehlende Konsequenz? Luhukay ist ratlos: »Ich habe keine Erklärung. Kraft und Wille sind da. Fakt ist, dass gegen Aachen und Burghausen der Gegner mit Sonntagsschüssen erfolgreich war und wir die einfachsten Bälle nicht reinmachen. Das ist mein einziger Vorwurf. Es führt kein Weg dran vorbei, mindestens einen neuen Stürmer zu holen.« Ein altes Thema, das noch nie so akut war wie im Moment.

Artikel vom 12.12.2005