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Ein Ausgleich,
der keiner ist

Schrönos gefordert wie selten

Von Elmar Neumann
Paderborn (WV). Nur am Ende war alles wie immer. Die Schröno Paderborn Baskets jubelten, der Gegner gratulierte. Glückwunsch zum 32. Sieg in Folge, zugleich der zwölfte im zwölften Saisonspiel. Das Nachspiel war obligatorisch, für die 40 vorausgegangenen Nettominuten galt das keineswegs. »Ich kann mich kaum noch daran erinnern, wann uns ein Gegner das letzte Mal so gefordert hat«, sagte Doug Spradley nach dem 80:77 (42:35) gegen Hagen.

In den elf Begegnungen bis zum freitäglichen Vergleich mit Phoenix Hagen hatte der Tabellenführer im Schnitt mit mehr als 27 Punkten die Oberhand behalten, selbst Hochkaräter wie Weißenfels und Göttingen demontiert. Jetzt musste Paderborns Coach erstmals froh sein, überhaupt gewonnen zu haben. Dramatik und die Schröno Baskets - diese Verbindung war in den letzten Monaten komplett in Vergessenheit geraten, bis sich die Ereignisse in der Schlussphase des Duells mit dem Ligadritten (endlich) mal wieder überschlugen.
Nach drei Punkten von Tim Black führen die Gastgeber vor dem letzten Hagener Angriff mit 79:77. Mit Ablauf der 24 Sekunden-Uhr drückt Hagens Matthias Grothe einen Dreier ab, der die Gemüter im Anschluss erhitzen sollte. Der Wurf verfehlt sein Ziel, landet aber in den Händen von Teamkollege Marcus Jackson. Der US-Boy versenkt das Spielgerät, freut sich jedoch nur kurz über den vermeintlichen Ausgleich. Weil das Schiedsrichterduo Volker Coners/Matthias Oehlmann nach Absprache mit dem Anschreibetisch zu dem Urteil kommt, das Grothes Wurf den Ring verfehlt hat, hatte Hagen keinen Anspruch auf neue 24 Sekunden. Damit bleibt auch Jacksons Zweier die Anerkennung verwehrt. Nach einem Foul von Philip Günther sorgt Topscorer Tim Black mit einem Freiwurf für den 80:77-Endstand.
»Es bleibt ein fader Beigeschmack, wenn ein Paderborner Zeitnehmer an der Entscheidung beteiligt ist. Ich weiß nicht, ob mein Wurf den Ring berührt hat, aber wenn ein Referee auf Korb entscheidet und sich vom anderen überstimmen lässt, spricht das auch nicht für die Schiedsrichter«, sagte Hagens Matthias Grothe, mit nur sieben Punkten diesmal die handzahme »Grothzilla«-Version. Unterschiedliche Auffassungen gab es auch auf den Trainerbänken. Sowohl Hagens Tome Zdraveski als auch Doug Spradley ließen die entscheidenden Szenen per Video nochmal Revue passieren. Während Paderborns Coach keine Ringberührung ausgemacht hatte, war sich sein Phoenix-Pendant schon in der Pressekonferenz sicher: »Der Ball war dran. Ich hab es gesehen.« Sicher war letztlich aber lediglich, wie der Sieger heißt: Schröno Paderborn Baskets.
Am Ende war es eben wie immer, nur bedeuteten diese 40 Minuten mehr als die zuvor absolvierten elf Partien. »Wenn man am Ende oben stehen will, muss man gerade diese Spiele gewinnen«, bilanzierte ein erleichterter Sportdirektor Dr. Nima Mehrdadi und auch Spradley sah im zwölften Sieg einen besonderen: »Wir haben gegen die BG Göttingen sicherlich besser gespielt, doch dieser knappe Erfolg ist sehr wichtig für das Selbstvertrauen der Mannschaft. Sie hat in Rückstand liegend in der entscheidenden Phase die Ruhe bewahrt und weiß jetzt, dass sie die engen Spiele gewinnen kann.«
Wie eng es zuging, belegten nicht nur die letzten Sekunden. Auch ein Blick auf die Viertel-Resultate gibt darüber Aufschluss. Drei der vier Durchgänge (16:19, 20:23, 18:19) gingen an die Gäste, allein das zweite Viertel (26:16) war fest in Paderborner Hand. Drei »Mini-Erfolge«, die sich allein auf die Hagener Psyche positiv auswirken. In der Zweitliga-Tabelle vergrößerte Paderborn den Vorsprung von vier auf sechs Zähler. Eine eindeutige Zwischenbilanz, die bei Zdraveski folgendes Schlusswort provozierte: »Es ist schade, dass wir gegen den Aufsteiger nicht gewonnen haben . . .«

Artikel vom 12.12.2005