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Dreimal abgelehnt,
endlich genommen

Jan Marian Muche studiert Kunst in Berlin

Schloß Holte-Stukenbrock (ib). Er ging nach Berlin, um Politik zu machen. Jetzt ist er Künstler und fasst als solcher langsam Fuß in der Hauptstadt: Jan Marian Muche, aufgewachsen in Schloß Holte-Stukenbrock, studiert an der Berliner Universität der Künste und bewirbt sich für den »Förderpreis für junge Künstlerinnen und Künstler«. »Kunst«, erklärt der 30-Jährige, »Kunst kann man nicht lernen - wohl aber das Nachdenken über künstlerische Strategien.«

Der junge Künstler hat einen festen Arbeitsrhythmus: Er ist jeden Tag - von montags bis freitags - sieben Stunden in seinem Atelier, eine ehemalige DDR-Wäschefabrik in einem Berliner Vorort. »Disziplin ist ganz wichtig«, verrät er. »Ich arbeite dann nicht ununterbrochen, aber ich beschäftige mich mit der Materie.« Die Materie, das sind Bilder - möglichst großformatig, möglichst einfach in der Gestaltung und möglichst deutlich in ihrer Aussage. »Ich versuche, mit einfachem Gestus das festzulegen, was ich sagen möchte«, erklärt Jan Marian Muche. »Es geht um die Komposition auf der Leinwand.«
Die Bilder zeigen Straßenzüge, Häuserfassaden und Imbissbuden. Sie tragen Titel wie »Fanblock« oder »Fünf Sekunden Eifersucht«. Die Vorstellung einer Großstadt-Idylle mag sich dennoch nicht einstellen - zu schreiend und kontrastreich sind die Farben. Jan Marian Muches Bewerbungen an der Universität der Künste wurden dreimal abgelehnt - dann klappte es. 2001 begann er sein Studium der bildenden Künste bei Karl Horst Hödicke. Inzwischen ist auch der Kunstmarkt auf den Schloß Holte-Stukenbrocker aufmerksam geworden: Im Namen der renommierten Berliner Galerie Schulz stellt der Künstler auf Messen, der Art Cologne und derzeit auch in Miami aus. »In Berlin ist fast jeder Künstler, Musiker oder Schauspieler«, schmunzelt Jan Marian Muche. Illusionen vom großen Durchbruch mag er sich noch nicht machen. Derzeit arbeitet er für eine Einzelausstellung.
Er wurde in Herford geboren, ist in Schloß Holte-Stukenbrock aufgewachsen. Er besuchte die Elbrachtschule in Sende, dann die Realschule. »In der Schule fand ich den Kunstunterricht immer grausig«, lacht der Künstler. Damals konnte er noch nicht ahnen, dass die Kunst wenig später sein Lebensinhalt werden würde: Jan Marian Muche begann nach seinem ersten Schulabschluss eine Ausbildung zum Lithographen bei dem Brackweder Unternehmen Graphia Gundlach. »Ich habe ziemlich schnell bemerken müssen, dass das nicht das Richtige für mich ist.«
Nach der Ausbildung beschloss Jan Marian Muche, sein Abitur nachzumachen - aber es war noch immer nicht die Kunst, die ihn dazu bewog. »Ich wollte in die Politik, habe für die PDS für das Europäische Parlament kandidiert«, erklärt der 30-Jährige. Die Politik verschlug ihn dann auch 1999 nach Berlin, wo er zunächst seinen Zivildienst in einem alternativen Kreuzberger Kindergarten absolvierte. »Hier habe ich schnell einsehen müssen, dass die Parteistrukturen sehr viel stärker hierarchisch strukturiert sind als in den Ortsverbänden«, erinnert er sich, »Ideen sind hier längst nicht so einfach zu verwirklichen.« Langsam reifte eine andere Idee: »Ich habe mir überlegt: Kunst, das könnte es wohl sein.«

Artikel vom 08.12.2005