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»Gründe für
Kündigung sehr
zweifelhaft«

Chefarzt Senkel pocht auf sein Recht

Von Carsten Reinhardt
Warburg/Paderborn (WB). Der Ausgang des Arbeitsgerichtsverfahrens zwischen Dr. Ulrich Senkel und seinem früheren Arbeitgeber, dem Warburger St. Petri-Hospital, ist auch nach der Verhandlung am Arbeitsgericht Paderborn offen.

Allerdings hat sich bei dem Termin am gestrigen Freitag angedeutet, dass die vom Krankenhaus angeführten Gründe für die sofortige Entlassung Senkels womöglich keinen Bestand haben werden.
Stand der Dinge ist: Die 2. Kammer des Gerichtes hat beschlossen, vor der Verkündigung ihrer Entscheidung einen weiteren Versuch der außergerichtlichen Einigung abzuwarten. Ein solch klärendes Gespräch zwischen Senkel und dem Hospital ist für kommende Woche angesetzt worden. Wenn es dabei zu keiner Einigung kommt, will das Paderborner Gericht in zwei bis drei Wochen seine Entscheidung verkünden.
Senkel war 18 Jahre für das St. Petri-Hospital tätig und bis Juli Chefarzt der inzwischen aufgelösten gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung. Er klagt gegen zwei vom Krankenhaus ausgesprochene fristlose Kündigungen.
Die erste datiert vom 6. Juli. Die Begründung seinerzeit: Eine erste Krankmeldung des Mediziners am 22. Juni sei zwar rechtzeitig erfolgt, aber die Anschlussbescheinigung für die weitere Dienstunfähigkeit acht Tage zu spät. »Ob ein solcher Vorwurf eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, erscheint mir doch sehr zweifelhaft«, lautete dazu am Freitag die Bewertung des Paderborner Arbeitsrichters Ingmar Bonmann.
Als Senkel Klage gegen diese Kündigung eingereicht hatte, kam es zu einer zweiten fristlosen Entlassung. Sie wurde ausgesprochen am 18. August. Der Vorwurf diesmal: Senkel habe mit gezielten Serienbriefen versucht, Patienten abzuwerben und sei somit in einen Wettbewerb zum Krankenhaus getreten. Die Münchner Rechtsanwältin Tatjana Himmen, die als einzige Person von Seiten des Hospitals bei dem Termin zugegen war, bezeichnete dies als Verstoß gegen die Treuepflicht in einem Moment, als Senkel mit der Klage eigentlich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses habe hinwirken wollen.
Der Anwalt des früheren Chefarztes, Dr. Ulrich Baur aus Düsseldorf, wies diese Argumentation als »völlig abwegig« zurück. Das Angebot habe sich ausschließlich an Privatpatienten gewendet, freiberufliche Nebentätigkeiten seien ausdrücklich vertraglich erlaubt gewesen. Baur: »Die Fortsetzung der Behandlung ambulanter Patienten ist doch geradezu eine ärztliche Pflicht.«
In Zusammenhang mit den Kündigungen wurde auch die Frage erörtert, ob Senkel den Status eines leitenden Angestellten besessen hat. Grund: Für diese Berufsgruppe sind Kündigungen eher durchsetzbar, wenn das erforderliche Vertrauen beim Arbeitgeber nicht mehr gegeben ist.
»Herr Senkel hatte ein erhebliches Mitspracherecht, etwa wenn es um Einstellungen ging«, meinte Krankenhaus-Anwältin Himmen, »sein Einfluss war schon bedeutend«. Das sah die andere Partei anders. »Mein Mandant hatte nur ein Anhörungsrecht«, sagte Anwalt Baur über die Entscheidungsbefugnisse Senkels, »so steht es im Dienstvertrag und so ist es auch praktiziert worden«.
Nur am Rande kam in der Gerichtsverhandlung die Frage zur Sprache, ob es einen Zusammenhang zwischen der Kündigung und der späteren Schließung der Abteilung - sie erfolgte Ende Oktober - gibt. Entsprechende Vermutungen wurden während des Termins vom Anwalt des Klägers geäußert.
Arbeitsrichter Bonmann jedenfalls möchte die Angelegenheit vom Tisch haben. »Ich hoffe, dass sie sich bei dem Gespräch nächste Woche erfolgreich auf eine Lösung verständigen können«, lautete sein abschließender Appell an die Prozessbeteiligten. Über Ansätze und denkbare Ergebnisse einer außergerichtlichen Einigung wurde in der Verhandlung nicht gesprochen.

Artikel vom 03.12.2005