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Von Pfarrer i.R. Eberhard Plate

Das Wort zum Sonntag


Alle Jahre wieder, wenn die Adventszeit naht, geraten wir in Hetze und Unruhe, fangen wir an, zu eilen und zu laufen, wir könnten doch etwas verpassen. Alte Gewohnheit, auf Weihnachten müssen wir vorbereitet sein: Advent - Ankunft, wo gar nichts eintrifft? Wo Neues kommen soll, muss Altes gehen, wie immer in unserem Leben; denn alles hat seine Zeit. Viele warten und wissen dennoch nicht, worauf. Manche warten gar nicht mehr, die Hoffnung ist ihnen abhanden gekommen, die Kraft der Geduld wurde aufgebraucht: so leben sie einfach ohne Ziel und Lebenssinn dahin.
Verkehrte Welt, verrückte Verhältnisse! Veränderung muss geschehen! Hinderliches muss aus dem Weg geräumt, Fehlendes herbeigeführt werden! Der Advent will verändern! Doch was soll verändert werden? Wie sieht das Neue aus? Können wir das bemerken und erkennen? Der zweite Adventssonntag erinnert an die Wiederkunft Jesu Christi am Jüngsten Tag, ans Weltenende. »Jesus Christus sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten«, bekennen wir Christen im Glaubensbekenntnis.
Wir wissen zwar nicht, wie und wann sich das ereignen wird. Im Blick auf die Zukunft müssen wir aber auf alles Mögliche gefasst sein. Der plötzliche Wintereinbruch, Erdbeben und Flutkatastrophen machen uns immer wieder bewusst, wie schnell und unvorbereitet wir aus den Alltagsgewohnheiten herausgerissen werden können, wir an die Grenzen unserer menschlichen Möglichkeiten stoßen. Am tiefsten trifft es uns, wenn Sterben und Tod nach uns greifen. Die hoffnungslosen Pessimisten, die mit keiner Zukunft und keinem Advent rechnen, sind am ärgsten dran. Das Wort »Lasst alle Hoffnung fahren« steht in Dantes »Göttlicher Komödie« über dem Eingang zur Hölle, zum Totenreich.
Jesus aber hat angesichts der unberechenbaren Möglichkeiten, die in der Zukunft kommen können, den Anbruch der Gottesherrschaft angesagt. Im Wort der Bibel zur zweiten Adventswoche heißt es: »Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt euer Häupter, weil sich eure Erlösung naht.« (Lukas 21, Vers 28).
»Kopf hoch!«, sagen wir bisweilen zu einem Menschen, der niedergeschlagen ist; wir wollen ihm Mut geben zum Weitermachen. Bei Jesu Wort geht es aber um etwas anderes. Gott ist und bleibt in Jesus der ewig handelnde bis zum Weltenende; das macht seinen Advent aus. Er ist der Kommende, kommt uns entgegen; sein Weg zu uns ist schon das Ziel unser aller Leben. »Erhebet eure Häupter!«
Wir Christen müssen nicht niedergeschlagen, hoffnungslos am Boden hocken, sondern wir haben allen Grund, nach oben auf Gott zu blicken; unsere Erlösung naht! Wann es so weit ist, weiß kein Mensch, aber wer um seine Erlösung und Befreiung aus einer Schuld beladenen und verkehrten Welt weiß, der zieht sich nicht mehr nach dem Muster des Herrn von Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf seines Lebens, sondern er lässt sich fallen in Gottes Vater Hände. Er erhebt sein Haupt, er erlebt den Advent Gottes!

Artikel vom 03.12.2005