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»Auch bei den
Fußball-Frauen
lerne ich viel«

Trainer kämpft gegen Vorurteile

Von Uwe Caspar
(Text und Fotos)
Gütersloh (WB). Seit einem Jahr darf sich Heiko Bonan, der Anfang Februar 2006 seinen 40. Geburtstag feiert, Fußball-Lehrer nennen. Doch trotz dieser hohen Qualifikation und einer 20 Jahre langen Laufbahn als Profi wartet der einstige Super-Techniker immer noch auf ein ädaquates Angebot. Zurzeit betreut er die Fußball-Frauen des FC Gütersloh 2000, hat nach dem Ausscheiden von Uwe Kitroschat vorerst den Posten des Cheftrainers übernommen. Der FCG soll natürlich nur eine Übergangsstation sein.

Wer solange wie Sie Fußball in den höchsten Ligen gespielt hat und dabei einige Vereine durchlief, der müsste doch eigentlich über zahlreiche Kontakte verfügen ...Bonan: In der Tat kenne ich etliche Spieler, Trainer und Vereinsoffizielle. Schließlich bin ich in 20 Jahren viel herumgekommen. Doch bisher haben mir meine Kontakte nichts genützt. Selbst bei meinem Ex-Klub Rot-Weiß Essen, wo ich Publikumsliebling war und bei meiner letzten Partie mit »Standing ovations« verabschiedet wurde, sind alle Türen zu.
Gibt und gab es denn überhaupt kein Interesse für den Jung-Trainer Heiko Bonan?Bonan: Anfang des Jahres gab es ein unverbindliches Gespräch mit dem SC Wiedenbrück, der sich aber dann für einen anderen Kandidaten entschied. Ich will ehrlich sein: Seitdem habe ich kein anderes Angebot mehr bekommen. Offenbar traut man einem Coach, der noch nie eine Mannschaft geführt hat, nicht viel zu. Da hilft auch keine Übungsleiterlizenz, die weltweit hohes Ansehen genießt. Generell hat die neue Trainer-Generation einen schweren Stand.
Haben Sie sich denn nicht selber um einen neuen Job bemüht? Zum Beispiel durch Anzeigen schalten ...Bonan: Ich bin keiner, der sich anbiedert. Niemals würde ich Bewerbungen herausschicken, wenn irgendwo eine Trainerstelle frei wird. Viele meiner Kollegen machen das. Ich denke aber, dass ist der falsche Weg.
Allerdings sind Sie auf den Fußball angewiesen ...Bonan: Stimmt - und ich muss vom Fußball auch leben. Im Moment werde ich als selbständiger Honorartrainer geführt und bekomme vom Staat einen Zuschuss. Die Förderung läuft allerdings im Januar aus. Dann muss ich sehen, wie ich mich und meine Familie über Wasser halte.
Trotz der ungewissen Zukunft - einen niedergeschlagenen Eindruck machen Sie nicht ...Bonan: Warum auch? Erstens befinde ich mich noch nicht allzu lange im Wartestand, zweitens kann jederzeit eine interessante Offerte eintreffen und drittens lerne ich bei den FCG-Frauen dauernd dazu.
Das müssen Sie uns bitte näher erklären ...Bonan: Fußball-Frauen zu führen, das ist zumindest auf psychologischer Ebene viel schwieriger als der Umgang mit männlichen Kickern. Frauen sind halt weitaus sensibler und reagieren bei zu harscher Kritik oft beleidigt. Meine Zeit beim FCG ist keineswegs verschenkt, zumal man in der 2. Bundesliga in der Öffentlichkeit präsent ist und ich so im Gespräch bleibe. Meine Tätigkeit hier sehe ich keinesfalls als Beschäftigungs-Therapie an, zumal sich die 2. Liga schon auf hohem Niveau bewegt. Mit Abteilungsleiter Michael Horstkötter habe ich ein Gentleman-Agreement getroffen: Sollte ich kurzfristig ein Angebot bekommen, kann ich jederzeit aussteigen. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass ich bis zum Saisonende bleibe.
Wie reagieren ehemalige Mitstreiter von Ihnen, wenn diese von Ihnen erfahren; dass Sie ein Damenteam betreuen?Bonan: Anfangs belächeln sie mich mitleidig und sagen: »Wie kannst du dir so etwas nur antun!« Auch Sören Brandy behauptete erst kürzlich mir gegenüber: »Die Hühner können doch nix.« Da täuscht er sich aber gewaltig: Manche der sogenannten »Hühner« brauchen sich in punkto Technik hinter ihren männlichen Kollegen bestimmt nicht zu verstecken. Auch Dirk van der Ven, der aus freundschaftlicher Verbundenheit mir jetzt zur Seite steht, zeigte sich nach dem ersten Training total überrascht. Viele haben nur Vorurteile und machen auch den Fehler, Frauen- mit Männer-Fußball zu vergleichen.
Lieber wären Sie aber Trainer der FCG-Herren geworden, doch man zeigte Ihnen die kalte Schulter. Da wundert es, dass Sie trotzdem für den Verein weiterarbeiten ...Bonan: Senioren, Jugend und Frauen: Das sind praktisch drei selbständig geführte Abteilungen im FCG. Da kocht jeder sein eigenes Süppchen.
Könnten Sie sich auch einen Job als Co-Trainer ab 3. Liga aufwärts vorstellen?Bonan: Nur schwer oder zumindest nicht auf Dauer. Denn aus Erfahrung weiß ich, dass die meisten Assistenten nur Hütchen-Aufsteller sind. Es sei denn, dass man mit dem Cheftrainer auf einer Wellenlänge liegt und auch gleichberechtigt ist. Ich habe Blut geleckt, möchte selber Chef und kein Befehlsempfänger sein. Meine Chance kommt noch. Bestimmt!

Artikel vom 03.12.2005