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Stammschröer-
Pleite offenbar
hausgemacht

119 entlassene Mitarbeiter klagen

Von Hubertus Hartmann
Bad Lippspringe (WV). Schwerwiegende Management-Fahler haben offenbar zur Pleite des Bad Lippspringer Möbelherstellers Stammschröer GmbH geführt. Zu dieser Einschätzung kommt der Düsseldorfer Insolvenzverwalter und Sanierer Dr. Ralf Zimmermann.

Nach Umsatzrückgängen von 49,2 Millionen Euro 1999 auf 34,9 Millionen im Jahr 2004 und einem Verlust von zuletzt 2,3 Millionen Euro hatte der zweitgrößte Arbeitgeber der Badestadt - wie berichtet - Ende April Insolvenz angemeldet. 151 der insgesamt 368 Mitarbeiter verloren ihren Job.
»Das war doch eine intern verursachte Pleite«, meinte gestern ein ehemaliger Beschäftigter, der namentlich nicht genannt werden möchte. Zimmermanns Analyse scheint diese Aussage zu bestätigen. In einem dieser Zeitung vorliegenden Strategiepapier der Auffanggesellschaft heißt es wörtlich: »Die Ursachen für die hohen Verluste liegen insbesondere in der fehlenden Anpassung der Kostenstrukturen auf die gesunkenen Absatzmengen. Darüber hinaus ist eine mangelhafte innerbetriebliche Planung und Koordination festzustellen ...«.
Mit noch 209 Mitarbeitern hat sich die Auffanggesellschaft, in der die Stammschröer-Schwestern Brigitte und Kornelia weiterhin Schlüsselpositionen inne haben, auf »Fertigung und Vertrieb von Schlafraummöbeln im mittelpreisigen Marktsegment fokussiert«. Mit einem überdurchschnittlich hohen Qualitätsniveau werde das untere bis mittlere Preissegment vorwiegend im europäischen Ausland und in Deutschland bedient. Bis zum Jahresende soll die Sanierung des 1929 gegründeten Traditionsunternehmens abgeschlossen sein. Der Rest der einst 530-köpfigen Belegschaft kann demnach verhalten optimistisch in die Zukunft blicken. Angeblich werden sogar schon wieder Überstunden geleistet.
Die Entlassenen sind dagegen tief verbittert. Der vereinbarte Sozialplan hat lediglich ein Volumen von knapp 821 000. Danach bekommt eine 45-jährige Maschinenarbeiterin, die »27 Jahre lang jeden Morgen treu und brav um 5 Uhr zur Arbeit erschienen ist«, wie ihr Anwalt Dr. Andreas Jolmes betont, ganze 8900 Euro Abfindung. Und ob die tatsächlich ausgezahlt werden, ist, abhängig vom Ausgang des Insolvenzverfahrens, völlig ungewiss. »Die Regelabfindung bei einer betriebsbedingten Kündigung läge für meine Mandantin bei 20 000 Euro, rechnet Jolmes vor.
Sie hat, wie 118 ihrer Kolleginnen und Kollegen, Kündigungsschutzklage erhoben - nach dem Insolvenzgesetz aber wohl keine Chance auf Weiterbeschäftigung, machte Arbeitsgerichtsdirektor Holger Kuhlmey gestern in einem Kammertermin deutlich. Einige der Gekündigten haben weit über 30 Jahre für Stammschröer gearbeitet.

Artikel vom 02.12.2005