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Nach außen gekehrte Innenwelt

Künstler Charlie Zudropp erkennt das Wesen hinter dem bloßen Schein

Von Johannes Zoller
(Text und Fotos)
Gütersloh (WB). »Willkommen in meiner Höhle«, murmelt Charlie B. Zudropp, als er in sein Atelier einlädt. Schon der Treppenaufgang wie auch alle Wände und Zimmerdecken seiner Dreizimmerwohnung hängen übervoll mit Tusche-, Kugelschreiber- und Bleistiftzeichnungen sowie unzähligen Bildern in Plakafarben auf Aquarellpapier.

»Ich kann überall und zu jeder Gelegenheit malen, auch beim Pressegespräch«, erklärt der feinfühlige Autodidakt, der nicht zuletzt auch mit Kaffee - da gerade vorhanden - auf seinem Bild experimentiert. »Es kann auch schon vorkommen, dass ich das Grün von jungen Blättern aus der Natur ebenfalls bildnerisch verwende«, berichtet Zudropp, der seine Inspirationen auch aus der Natur schöpft. »Ich bin gerne draußen und habe eine große Sehnsucht nach Natur«, sagt Zudropp, dem das Finden von wirklichem Glück eine kontinuierliche Frage zu sein scheint.
Er sieht sich ebenfalls verbunden mit jener Jugendbewegung eines neuen Aufbruchs aus der Hippiezeit und erinnert sich: »Ende der 60er, Anfang der 70er waren viele auf der Suche nach etwas Neuem«. Wie suchte nun er nach dem »Neuen« -Êund fand er es? Was um ihn geschieht zeigt sich in seinen Werken wie ein subjektiv empfundenes Innenbild aus unterschiedlichsten Situationen. Als bildhafte Tagebücher wurden seine unzähligen, oft in DIN A 4-Format entstandenen Motive beschrieben. Auch während Jazz-Konzerten in der Weberei brachte der in Gütersloh nicht unbekannte Maler, für das Publikum sichtbar, seine Eindrücke von der Musik aufs Papier. Hier verband er seine Malerei allerdings auch als auf der Bühne agierender Akteur mit Tanz, Pantomime und theatralischen Ausdrucksformen. Er ließ sich und das entstehende Bildwerk fotodokumentarisch aufnehmen um auf Prozesse hinzudeuten.
Seine Bilder, derer es Tausende gibt, werden ebenfalls nur prozessual und aus lebendigen wie auch absterbenden Vorgängen heraus verständlich. Sie beschäftigen sich mit dem Wesenhaften in der Natur und in der Psyche des Menschen. Bäume und Landschaften mit einem Hang zum Fantastischen oder tierische, zum Dämonischen hin tendierende Motive zeugen immer wieder von Erfahrungen einer außerordentlichen Tiefgründigkeit. »Durch meine Malerei wird so manches Schreckliche nicht zuletzt auch befreit, wobei selbst Psychologen vor meinen Bildern schon die Flucht ergriffen haben, weil sie diese nicht ertragen konnten«, sagt Zudropp. Er möchte sich den durch ihn sichtbar gemachten Wesenszügen und Äußerungen gegenüber nicht Feind nennen. Er ist dazu bestimmt, das Wesenhafte zu erkennen. Wie eine nach außen gekehrte Innenwelt, oft auch in Anlehnung an organische Zusammenhänge, bringt er in die Sichtbarkeit, was sich sonst nicht befreien könnte und auch niemals sichtbar würde.
Der 1952 in Herzebrock geborene Bernhard Zudropp (später unter dem Künstlernamen Charlie bekannt) hat seine Werkfotografien seit 1968 und seine Originalbilder seit 1972 sorgfältig archiviert. Er sieht sich auch in einer Tradition mit den Surrealisten, wobei seine persönliche Begegnung mit Woldemar Winkler und Ernst Fuchs als persönliches Vorbild für ihn wichtig waren. Einflüsse aus fantastischen wie auch psychedelischen Kunstrichtungen bedeuten ihm ebenso viel wie seine innere Beziehung zur alt-chinesischen Kunst. Auch in der jetzigen Zeit ist Charlie Zudropp wieder und vielleicht auch noch auf der Suche nach etwas Neuem. »Eigentlich bin ich nichts. Jedoch bin ich auch Augenmensch. Ich schaue und sehe sehr viel. Ich fühle, dass sich wieder etwas Neues nähert. Ich möchte auch nicht mehr im Trüben fischen«, stellt er abschließend fest.

Artikel vom 01.12.2005