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Feuriger Funkenflug

»Modern Jazz Quartet« verband Jazz mit der Klassik

Von Wolfgang Günther
Paderborn (WV). Ob man ein echter Jazzfan ist oder mehr die hohe Kunst des klassischen Streichquartetts schätzt: In dritten Kammerkonzert - dieses Mal in der Kulturwerkstatt - kam eigentlich jeder Musikfreund geradezu in Schwingung.

Das »Modern String Quartet« zündete Funken, die übersprangen, und diesem Feuer konnte man sich als Konzertbesucher gar nicht entziehen. Die Kulturwerkstatt an der Bahnhofstraße - auch als Raum des Entstehens zu sehen, denn in diesem Konzert entstand Musik auch durch Improvisationen - bildete so das geeignete Ambiente.
Das Ensemble war mit einem recht umfangreichen Programm angereist, bestehend aus Arrangements über Themen berühmter Komponistenpersönlichkeiten wie Gershwin, Frank Zappa, Strawinsky und Duke Ellington und auch mit einigen Eigenkompositionen. Dass jedes Ensemblemitglied darüber hinaus mit einer hochgradigen Instrumentaltechnik ausgestattet ist, versteht sich eigentlich von selbst.
Diese glänzende technische Qualifikation ist nun die unbedingte Voraussetzung für das von der Improvisation getragene Spiel im Jazz, wo die Bindung an Noten eher hinderlich ist und die Musikerindividualität eingeengt werden könnte. Die Arrangements für dieses Ensemble - jedes Mitglied des Quartetts hat dazu höchst interessante Beiträge geliefert - sind zunächst notengebunden; mit einer bewundernswerten »handwerklichen« Geschicklichkeit ließen die Arrangements einen sensibel ausgeprägten Klangsinn erkennen, um eine möglichst optimale Wirkung der jeweiligen thematischen Vorlage zu erreichen.
Jedes Ensemblemitglied zeigte auch eine großen Erfindungsreichtum mit Ideen, die dann recht ansprechende Kompositionen entstehen ließen. Um das Klanggeschehen auszuweiten, wurden die Streichinstrumente streckenweise zu Schlagwerkkörpern umfunktioniert - und das mit verblüffender Wirkung. In der harmonischen Struktur zeigten die Stücke stellenweise recht kühne Ausweitungen bei einem in der Stimmführung dicht angelegten Satz von geringer Durchlässigkeit im Wechsel mit sanft dynamisch sehr zurückgenommenen Stellen von meditativer Offenheit.
Jeder Musiker stellte sich allein auch mehrmals als ein virtuoser Solist vor, der die anderen mit einem mitreißenden »Drive« zu gewaltigen Steigerungen anzufeuern wusste - auch beim Publikum erhöhte dieses Spiel den Pulsschlag.
Die jeweiligen Titel über den Stücken müssen zwar sein, zum Verständnis der Musik waren sie nicht immer hilfreich - die unmittelbare Wirkung des gerade Gehörten ist allein wichtig. Die kleinen choreografischen Zutaten machten den Abend noch unterhaltsamer.
Mit einer »Water Music« - durch Pizzicati wird das Fallen von Wassertropfen imitiert - als Zugabe bedankte sich das »Modern String Quartet« für den begeisterten Beifall.

Artikel vom 01.12.2005