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Bis 1959 bimmelte noch die Straßenbahn

Seit 95 Jahren läuft der Nahverkehr durch Paderborns Innenstadt - »Pro Bahn« blickt zurück

Paderborn (WV/ms). Bis zum Ende der 50er Jahre bimmelte in Paderborn noch die Straßenbahn. Diesen prägenden Abschnitt einer 95 Jahre alten Geschichte des Paderborner Nahverkehrs über Rathausplatz und Kamp nutzt der Verein »Pro Bahn« für eine »Liebeserklärung« an die gute alte Zeit, die in Puncto Nahverkehr auch Heute so schlecht nicht wegkäme.

Am 1. Dezember 1910 rumpelte die erste Straßenbahn der Pesag (heute Padersprinter) über Rathausplatz und Bogen zur Wagenhalle am Nordbahnhof. »Viele wissen gar nicht, wie alt diese bewährte Strecke ist, die heute von modernen Bussen bedient wird«, rückt Rainer Wester vom Fahrgastverband »Pro Bahn« den Blick auf 95 Jahren Nahverkehr.
Im Frühjahr 1909 begann die Pesag mit dem Bau der Strecke Westerntor-Rathausplatz-Bogen und sorgte nach Eröffnung für die bis heute gebliebene Anbindung der Innenstadt. Zusammen mit der Linie aus Sennelager, die ebenfalls den Weg durch die Stadt nahm, bestand ein innerstädtischer Zehn-Minuten-Takt. Eine Fahrt in den Stadtgrenzen Paderborns kostete zehn Pfennig. Über die Linienführung der Strecke war im Vorfeld ein heftiger Streit entbrannt, denn verschiedene Stadtteile erhofften sich durch eigene Anbindung einen Vorteil. Doch Aufgrund des Depotstandortes war der Weg in Richtung Tegelweg bereits vorgegeben.
»Der Stadtverordnete Proppe«, so Wester, »sprach im Neuhäuser-Anzeiger 1910 von einer innerstädtischen Straßenbahn, die dem Paderborner Verkehr einen großstädtischen Zug verliehen hat.« Dieses würde selbst von Fremden anerkannt. »Gestört habe die Bahn eigentlich nur, wenn sie nicht fuhr«, weiß Wester aus Gesprächen mit älteren Anwohnern, »nachts fehlte plötzlich das vertraute Quietschen der Bahn in der Kurve vor dem Rathaus.«
Im Oktober 1959 war Schluss mit der Innenstadt-Bahn und die Pesag stellte nach und nach auf Busbetrieb um. Mitte der siebziger Jahre musste dieser dann im Zuge der Umgestaltung der Fußgängerzone aus der Westernstraße weichen und den Weg über die Marienstraße zur neuen Zentralstation nehmen. Wester: »Auch damals schon ein Kompromiss.«
Besonders hervor gehoben in der Geschichte des Paderborner Nahverkehrs werde der damalige Bürgermeister Otto Plassmann. In weiser Voraussicht und trotz hohem technischen Aufwands setzte er sich für die Anbindung des Umlandes an das Paderborner Zentrum ein. Plassmann habe erkannt, dass sich eine Stadt als Zentrum nur entwickele, wenn sie von allen gut erreichbar sei.
Traurig findet es »Pro Bahn« nach den Worten Westers, dass die über Generationen gewachsenen Strukturen in der heute geführten Diskussion zur Linienverlegung der Busse keine Grundlage mehr finden

Artikel vom 01.12.2005