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Hunger, Armut und Tod gesehen

Engelbert Kruse jenseits touristischer Pfade in der Welt unterwegs

Von Monika Schönfeld
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Engelbert Kruse arbeitet an der Weihnachtsserie. Dias von Krippen, von Menschen aus aller Herren Länder, Tieraufnahmen und Landschaften, die an den Geburtsort Christi erinnern, zeigt er vor allem vor kirchlichen Vereinen - evangelisch und katholisch - demnächst im Sauerland und in Dortmund. Die grausamsten Motive hat er beiseite gelegt. Sie erinnern ihn immer daran, dass Hunger, Armut und Tod das Leben vieler Menschen auf dem Globus bestimmt.

Seine Reisen um die Welt - weiße Flecken sind noch Sibirien oder die Mongolei - führten den pensionierten Grundschullehrer abseits der touristischen Wege in die Seitengassen, in die Slums, in Bereiche, die keine Regierung gern zeigt. Einen Pater als Begleitung habe er oft gebraucht, sonst wäre er gar nicht soweit vorgestoßen - und wahrscheinlich nicht unversehrt zurück gekommen. »Manchmal schäme ich mich der Tränen nicht«, sagt Engelbert Kruse. Einmal sah er ein Mädchen mit einer Puppe spielen - erst auf den zweiten Blick sah er, dass es sich um ein totes Baby handelte. »Das Kind ist nicht lange Zeit später gestorben.« Das, was er gesehen hat, lässt sich schwer erzählen. »Es verliert dann an Dramatik«, sagt der 64-Jährige, der auch die Arbeit des Liemker Paters Josef Dresselhaus unterstützt.
Sieht er seine Dias durch, fallen ihm die Bilder von leprakranken oder hungernden Kindern in die Hände. »Kinder in großer Armut - das dürfte es heute nicht geben«, meint Kruse. Selbst als katholischer Religionslehrer stelle er sich manchmal die Frage, warum Gott dieses zulasse. »Als Antwort habe ich von einem Pater gehört, dass wir doch genug haben, wir müssten es nur richtig verteilen.«
»Ich bin hart im Nehmen. Wenn Kinder sterben, geht das aber über die Grenzen.« Um den Blick in Länder mit hoher Armut erträglich zu halten, hat er viele lustige Motive eingestreut. Lachende Kinder, Kinder, die wissbegierig in Wellblechhütten oder unter freiem Himmel zur Schule gehen, um zu lernen. Als Lehrer für Geografie, Mathematik und Religion findet er natürlich den Schulalltag in anderen Ländern spannend. Dazu könnte er live wunderbar kommentieren. Und obwohl er selbst »aus der Schule« kommt, hat er seine Diaberichte doch noch nie vor Schülern gehalten.
»Anders als ich dachte«, ist das Resümee aller seiner Reisen. Als Erdkundler hat er viel über fremde Länder gelesen. Sie selbst zu sehen, sei schlimmer als gedacht gewesen - Menschen »verreckt im Dreck«: »Ich habe hohe Achtung vor Missionaren und Ärzten, die dort arbeiten und versuchen, zumindest einen Teil der Not zu lindern.«

Artikel vom 30.11.2005