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So gut wie
alter Whiskey

Superstimmung bei »Dubliners«

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Der Tourbus rollt unerbittlich weiter. »It's too late to stop now« heißt denn auch das aktuelle Programm der irischen Folkband »The Dubliners«, mit dem sie am Montag wieder in Paderborn Station machte.

Alter Whiskey wird immer besser, weiß nicht nur der Kenner. Und das gilt irgendwie auch für die fünfköpfige »Rentnerband« von der Grünen Insel. Seit gut vier Jahrzehnten stehen die alten Herren aus der irischen Hauptstadt - in Deutschland übrigens erfolgreicher als in ihrer Heimat - so gut es noch geht auf der Bühne, und ihre Musik wirkt alles andere als überlagert. Im Gegenteil: Schon bei den ersten Takten erlebt das heimische Kulturleben eine kleine Revolution: das Publikum gerät rhythmisch klatschend spontan in so etwas wie Paderbörn'sche Ekstase.
Und die ist steigerungsfähig. Das wissen auch die »Dubliners« und geben behutsam »Gas«. Erst ein paar neuere Songs, bei denen die Zutaten für einen typisch irischen Liedercocktail gemischt werden, gefolgt von klassischen keltischen Reels und Jigs, die handwerklich solide mit spürbarer Spielfreude serviert werden. Seán und Eamonn sorgen für einen stets sauberen Gitarrensound, Barney und Patsy, der Neue im Quintett, schlagen beherzt das Banjo, und John spielt eine klangreine, doch relativ gemütliche Fiddle. Dass der Saitenklang bei den »Dubliners« eine für die irische Volksmusik allzu deutliche Dominanz besitzt, hat den »Dubliners« in ihrer Karriere noch nie geschadet, und so wird die Tin-Whistle nur einmal kurz eingesetzt. Auf andere folkloristisch bewährte Instrumente wie beispielsweise das Akkordeon verzichten sie ganz.
Stimmlich aufgefrischt wird der unverwechselbare »Dubliners«-Sound durch das neue Mitglied Patsy Watchorn. Aber auch Barney McKenna, der nur noch schlurfend seinen Platz auf der Bühne erreicht und während des Konzerts zumeist sitzen muss, beweist mit Witz und immer noch brillantem Banjospiel, dass die Band auf ihn noch längst nicht verzichten muss.
Nach der Pause wird die Stimmung im Saal immer besser, und als dann gegen Ende des zweieinhalbstündigen Konzerts ihr Gassenhauer »Whiskey in the Yar'« erklingt, hält es kaum noch jemanden in der fast ausverkauften Paderhalle auf den Sitzen.
Der stürmisch geforderte Zugabenteil mit »The Irish Rover« und »Dirty Old Town« lässt die Zuhörer völlig aus dem Häuschen geraten und beinahe glauben, mitten in den irischen Kneipentrubel geraten zu sein, wäre die Bühne nicht so lieblos möbliert. Stahlrohrstühle, ein nüchterner Tisch mit Telefonapparat (?) und eine Kabeltrommel rauben da jegliche Illusion. Aber vielleicht ändert sich das ja im nächsten Jahr. Dann nämlich wollen die »Dubliners« unbedingt wieder nach Paderborn kommen.

Artikel vom 30.11.2005