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Bundesrat blockiert die Politik

Deutschland ist schon seit vielen Jahren nur bedingt regierbar

Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, ist zur Zeit Bundesratsvorsitzender.

Seit vielen Jahren nun schon ist Deutschland nur noch bedingt regierbar. Hauptgrund dafür ist, wie ich meine, die Verfassung. Denn zum einen hat der Bundesrat, die Länderkammer, ein zu großes Mitspracherecht; er muss bei rund 80 Prozent aller vom Bundestag beschlossenen Gesetze zustimmen. Ich hoffe daher darauf, dass eine große Koalition, zusammen mit der FDP, die Verfassung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ändern wird, damit künftige Bundesregierungen handlungsfähiger werden.
De facto hatten wir in den letzten Jahren schon eine große Koalition, da im Vermittlungsausschuss ja immer um Gesetzesvorlagen gekungelt und gefeilscht wurde. Der zweite große Nachteil unserer Verfassung ist das Verhältniswahlrecht. Hieran ändert auch die 5-Prozent-Klausel mit Überhangmandaten nicht viel. Theoretisch könnten 20 Parteien im Bundestag vertreten sein. In gar nicht so ferner Zukunft könnte eine Drei- oder Vierparteienkoalition möglich sein. Unter der christlich-liberalen Koalition wurde zum Beispiel viele Jahre um den »großen Lauschangriff« gestritten, und als er dann endlich beschlossen wurde, trat Frau Leuthäuser-Schnarrenberger auch noch weinend zurück. In einer Koalition müssen zu viele Kompromisse eingegangen werden. So aber kann der Wähler praktisch nie eine Partei für ihre Fehler und Versäumnisse verantwortlich machen. Ein großer Vorteil wäre daher die Abschaffung des Verhältniswahlrechtes zugunsten eines Mehrheitswahlrechtes wie in den angelsächsischen Ländern.
In Großbritannien gibt es keine Listenplätze, sondern nur ein Direktmandat. Es kommt nur derjenige ins Parlament, der seinen Wahlkreis gewonnen hat. Dies führt dazu, dass eine Partei mit landesweit 45 Prozent der Stimmen dann 60 bis 70 Prozent der Sitze im Parlament bekommen kann.
Das finde in den Parteien »keine Akzeptanz«, heißt es immer wieder. Bleibt die Frage: Worum geht es in Deutschland? Um das Wohl der Parteien oder um das Wohl des Volkes?
KARL-HEINZ FROMME33181 Bad Wünnenberg.-Helmern

Artikel vom 03.12.2005