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Panoptikum studentischer Lyrik


Von Tobias Stracke
Paderborn (WV). Ein Hauch von Poesie schwebte durch das Café der Kulturwerkstatt. Vierzehn Studentinnen und Studenten der Uni Paderborn stellten dort am Donnerstag ihren selbst verfassten Lyrikband vor.
Eine schwere Gardine hängt von der Decke herab. Davor ein Stuhl mit rotem Samt bezogen, ein Tisch und eine Leuchte mit altmodischem Schirm. Die Gastgeber, gehüllt in Federboas und Perlenketten oder ausgestattet mit Fliege und Zylinder, rundeten das im Stile der Zwanziger Jahre gestaltete Ambiente ab. Fast mochte man sich in einem Wiener Kaffeehaus wähnen.
Vor einem großen Auditorium eröffnete Karsten Strack, Verleger und freier Dozent an der Uni Paderborn, den abwechslungsreichen und liebevoll gestalteten Abend voller Lyrik und Musik. Das Buch »Kniereiterverse«, um dessen Vorstellung es an diesem Abend ging, war in einem von ihm an der Universität angebotenen Seminar entstanden. Für die passende Begleitmusik sorgte die Band »Piano Bar«.
Die Lesung wartete mit Romantik und Herzschmerz, hinterfragenden, witzigen, aber auch teils absurden und obskuren Gedichten auf. Im ersten Teil verwöhnten die Nachwuchslyriker das Publikum mit wunderlichen Gedanken in meist wohl geformter Sprache. Titel wie »Ich habe den Tag umgebracht« standen eher merkwürdig klingenden Anfängen wie »Hausstaub« gegenüber. Allen gleich waren dann aber die interessanten, durchdachten und manchmal verwirrenden Inhalte.
Der zweite Abschnitt geriet zum Panoptikum der Lyrik. Die Verfasser spielten in ihren skurrilen Texten gekonnt mit den Erwartungshaltungen der Zuhörerschaft. Abgeschlossen wurde dieser wundervolle Abend der poetischen Gedankenexperimente von einem Discjockey, der das lesende Volk zum tanzenden Volk machte.
Das 150 Seiten starke Lyrikbändchen ist im »Lektora«-Verlag Paderborn erschienen und kostet 12 Euro.
Im »Gownmen's Pub« an der Universität gibt es heute um 20 Uhr wieder die »Lyriker-Lounge«. Alle interessierten Gäste bekommen jeweils zehn Minuten Zeit, selbstgeschriebene Texte vorzutragen. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei.

Artikel vom 29.11.2005