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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (148. Folge):Barzel riet zur Großen Koalition


Der Dezember ist der Monat mit ersten Jahresrückblicken. Was war 2005 los in Paderborn? Im Rathaus wurde Libori daran erinnert, dass die Wiedereinfürhung des Liborimahls (erste Urkunde aus dem Jahr 1449) vor 50 Jahren inszenieret wurde.
Der Ratskeller beging 40-jähriges Bestehen, der SC Paderborn stieg in die zweite Fußballbundesliga auf. Ute Berg (SPD) und Gerd Wächter (CDU) wurden als Bundestagsabgeordnete wiedergewählt. Diskussionen über eine Multifunkitionshalle am Schützenplatz, an der Alme oder der Straße nach Wewer, Baustopp für das neue Fußballstadion. Im Rat behandelt wurden die Verkehrssituation in der Innenstadt, neue Gebäude für die Stadtverwaltung an der Bahnhofstraße, sowie die Kombination von Neubauten der Volksbank und der Kammerspiele auf einem Grundstück hinter dem Rathaus.
Dieses Jahr stand auch im Zeichen des Erinnerns an Frühjahr und Sommer 1945, dem Kriegsende, Zerstören und Überleben. Gymnasiasten des Theodorianums befragten Zeitzeugen und veröffentlichten Interviews: »Das müssen Sie mir alles aufschreiben.«
Viele Mitbürger erinnerten sich an den Mai 1995. Da sprach Rainer Barzel, Paderborner CDU-Bundestagsabgeordneter von 1957 bis 1980, früherer Bundestagspräsident, Unions-Fraktionsvorsitzender und Bundesminister. Der inzwischen 81-Jährige rief in der Kaiserpfalz auf: »Stimmt nicht ein in das Lied von schweren Zeiten. Gott hat uns jetzt gewollt. Er gibt uns heute die Kraft, auch für morgen!«
Rainer Barzel, der in München lebt, hat vor drei Monaten in seinem neuen Buch »Was war, wirkt nach. Wohin geht`s mit Deutschland?« für die Regierungsbildung nach dem 18. September, gestützt auf die Erfahrungen von 1966, diesen Rat gegeben: »Angesichts der Realität der Berliner Republik mit dem Dahinsiechen der Bundesrepublik - macht eine Große Koalition mit Mehrheitswahlrecht! Wann, wenn nicht jetzt, wo Weimarer Verhältnisse ins Haus stehen? Wo viele die Frage stellen: Wohin geht«s mit Deutschland?« Barzel lag richtig: Wir haben inzwischen die Große Koalition CDU-SPD mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel!
Vor zehn Jahren tauchte der Plan auf, eine neue Stadtverwaltung im Bereich von Bahnhof- und Florianstraße zu errichten. Und Libori 1995 wurde erstmals veröffentlicht, dass Papst Johannes Paul II im Juni 1996 Paderborn besuchen werde.
Genau 40 Jahre zurück: Bundespräsident Heinrich Lübke und seine Frau Wilhelmine kamen zum Liborifest nach Paderborn, ein paar Wochen später Bundeskanzler Ludwig Erhard. Dessen Zeit als Nachfolger von Konrad Adenauer war schon ein Jahr später vorbei, als es zur Großen Koalition mit Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger an der Spitze kam. Auch Kiesinger sprach im Paderborner Kolpinghaus. Kommentar von Kriemhild Barzel, der erstverstorbenen Frau des Unionspolitikers: »Müder Charme!«
Vor 40 Jahren wurde Werner Henke als Nachfolger von Oberkreisdirektor August Monzen gewählt. Entschieden wurde über den neuen Chef der Kreisverwaltung im Juli 1965 in Bad Lippspringe, weil der Saal in der alten Kreisverwaltung am Busdorfwall zu klein war. Henke, heute 77 Jahre alt, hat es bis 1992 verstanden, den Bürgern zu helfen, mit Herz und Verstand der Gesetze. Mehrere Jahrzehnte führte er zudem den Kreisverband des Roten Kreuzes.
Was ist dran an der Bedingung, der neue ledige OKD müsse bald heiraten? Einen Junggesellen der Spitze der Kreisverwaltung konnte man sich besonders in der CDU-Kreistagsfraktion nicht vorstellen. Deren Vorsitzender Ferdinand Koke, Bankkaufmann aus Schwaney, trotzte Henke die Zusage ab, »in absehbarer Zeit in den Ehestand zu treten«. Der Oberkreisdirektor hielt Wort und heiratete die Paderborner Schützenkönigin von 1963, Annemarie Schröder!Georg Vockel

Artikel vom 30.11.2005