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Märchen mit unbekanntem Ende

Kreishaushalt 2006 verspricht geringeren Hebesatz, birgt aber viele Risiken

Kreis Gütersloh (rec). Auf den ersten Blick legen Landrat Sven-Georg Adenauer und sein Kämmerer Ingo Kleinebekel einen »märchenhaften« Haushaltsplan für das Jahr 2006 vor. Obwohl die Kreisumlage absolut auf 135,5 Millionen Euro steigt, soll der Hebesatz um 0,55 Prozentpunkte auf 38,94 Prozent gesenkt werden.

Doch das Märchen hat seinen Preis. Um die gesamten Ausgaben in Höhe von 258 Millionen Euro finanzieren zu können, plündert der Kreis seine Rücklage. Insgesamt 5,6 Millionen Euro fließen aus dem Vermögen in die Haushaltskasse - die allgemeine Rücklage schrumpft damit auf 2,8 Millionen Euro. Doch mindestens 4,5 Millionen Euro Rücklage sind gesetzlich vorgeschrieben. Fazit: »Ein wesentlicher Teil dieses Defizites muss in den Folgejahren wieder über die Kreisumlage kompensiert werden«, kündigte Kleinebekel schon mal an.
Darüber hinaus könnte das Märchen noch eine ganz schreckliche Wendung nehmen. Alle Erstattungen durch den Bund eingerechnet, kostet die Hartz-IV-Reform den Kreis Gütersloh schon heute 4,4 Millionen Euro mehr als geplant. Dazu trägt unter anderem die Zahl von Bedarfsgemeinschaften bei, die mit 10 500 deutlich höher ausfiel als zunächst angenommen (8300). Auf Weisung des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement werden gegenwärtig die Bundeserstattungen für die Kosten der Unterkunft geprüft. Sollte der Bund diesen Betrag nicht erstatten, würde das Defizit aus der Hatz-IV-Belastung auf 14 Millionen Euro wachsen. Es gibt keinen Cent Rücklage, der das auffangen könnte: »Ohne Ausweichmöglichkeiten steuern wir dann auf die Haushaltssicherung zu. Ein Weg, auf dem wir die kreisangehörigen Kommunen in einer Art Dominoeffekt mitreißen werden«, räumte Landrat Adenauer ein.
Mit dem Haushalt will der Landrat drei Signale versenden:
l In den Straßenbau und den Schulausbau investiert der Kreis 4,1 Millionen Euro.
l Die antizyklische Investition in den interregionalen Gewerbepark Marburg sei ein positives Signal in schwieriger Zeit.
l Die neu auszurichtende Wirtschaftsförderung verleihe dem Kreis wichtige Impulse.
Im eigenen Haus hat Adenauer seine Hausaufgaben erledigt. Mit 785 Stellen schrumpft der Personalstand auf einen historischen Tiefstand. Der Landrat jedenfalls hofft auf einen glücklichen Ausgang des Märchens: »Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie auch heute noch - zufrieden und ausgeglichen.«

Artikel vom 29.11.2005