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»Das war wie ein Netzwerk«

Krankenschwester erhebt neue Vorwürfe in der Strafsache »Olaf O.«

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh (WB). »Der hat die Menschen gehalten wie die Tiere und hat sie von ihm abhängig gemacht.« Während Waltraud Karp diesen Satz sagt, wirken ihre Augen und ihr Blick sehr traurig.

Die 46-jährige Krankenschwester, Inhaberin des Gütersloher Pflegedienstes »Die Karbolmäuse«, erhebt neue, schwere Vorwürfe gegen den wegen Betruges beschuldigten Ex-Berufsbetreuer Olaf O.: »Bei dem war alles nur Schein.« Dem Rechtsanwalt wird vorgeworfen, ihm anvertraute Personen um 1,3 Millionen Euro betrogen zu haben. Waltraud Karp (»Habe Angst um meine Existenz«) will sich in dieser Sache nicht den Mund verbieten lassen: »Ich bin stets eigene Wege gegangen.«
Viele Betroffene und auch Mitwisser um die Praktiken des Olaf O. hätten in dieser Sache jahrelang geschwiegen. Damit sei jetzt aber endgültig Schluss: »Ich sage die Wahrheit, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, wie O. gearbeitet hat.« Sie sei es gewesen, die letztlich bei der Kripo darauf gedrängt habe, dass endlich gegen O. ermittelt werden soll. Karp: »Beschwerden gab es unzählige, aber meistens von Betreuten. Wenn sie zu laut wurden, kamen sie durch Beschluss in die Geschlossene.«
Das Geständnis von O., der daraufhin gegen eine Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden war (wir berichteten), sei für sie ein Witz. »Der hat doch nur das Notwendigste erzählt. Das alles war wie ein Netzwerk. Da sitzen Rechtspfleger und sogar Vormundschaftsrichter mit drin.«
Die erfahrene Krankenpflegerin geht sogar noch weiter und sagt: »Hektisch wurde es immer dann im Büro von O., wenn mal wieder eine betreute Person in einer seiner Wohnungen erst nach Tagen tot aufgefunden wurde. Ich weiß von mindestens zwei Fällen, in denen man bei einer sorgfältigen Betreuung vielleicht mehr hätte tun können.«
Weitere Vorwürfe richtet Waltraud Karp an die Adressen der Handwerker, die ständig für O. privat gearbeitet und dann ihre Rechnungen falsch ausgestellt haben sollen. »Die wussten doch ganz genau, dass da etwas faul war. Warum ist da keiner misstrauisch geworden und hat seinen Mund aufgemacht?« Die Kripo hatte herausgefunden, dass einige Handwerker- und Dienstleistungsbetriebe aus und um Gütersloh Rechnungen für Olaf O. auf die Adressen von Betreuten umgeschrieben haben sollen. Bei Hausdurchsuchungen soll die Polizei Scheinrechnungen der in Verdacht geratenen Firmen beschlagnahmt haben. Für Waltraut Karp ist der Fall Olaf O. noch längst nicht vorbei: »Das dicke Ende kommt noch.«

Artikel vom 29.11.2005