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Krankenhaus-Inventar nicht verkauft

Ingenieur (64) aus Steinhagen wegen Betrugs auf der Anklagebank

Werther (fn). Das Inventar des Wertheraner Krankenhauses ist auch zweieinhalb Jahre nach dem Verkauf an einen Zwischenhändler noch nicht weiterverkauft, lagert nach wie vor in Steinhagen. Am Rande eines Gerichtstermins in Halle berichtete Freitag der mit dem Verkauf beauftragte Steinhagnener Ulrich Prust, dass jetzt Verhandlungen mit dem Iran vor Vertragsabschluss ständen.

»Das iranische Gesundheitsministerium will das Inventar kaufen und auf mehrere Krankenhäuser im Land verteilen. Am 10. Januar soll der konkrete Vertrag gemacht werden«, sagt Prust, der inzwischen über Vereinte Nationen und Weltbank als Lieferant für gebrauchte Medizintechnik gelistet ist. Bei 1,3 Millionen liegt nach Angaben von Prust der Warenwert. 650 000 Euro wäre der Preis, mit dem unter anderem die 150 Betten und zwei OP-Einrichtungen plus minus null einem sinnvollen Zweck zugeführt werden könnten. »Inzwischen sind allein 30 000 Euro Lagerungskosten entstanden«, erläutert Prust, der die Waren schon in 2000 Positionen aufgeteilt und bewertet hat.
Die Schwierigkeiten, die sich um das Inventar des ehemaligen Krankenhauses St. Jacobistift ranken, sind mittlerweile nahezu unüberschaubar. Im Februar 2003 hatte die Firma A.I.M. aktiv GmbH aus Herzogenaurach den Zuschlag für das komplette bewegliche Inventar erhalten. Geschäftsführer Manfred Brand wollte seine Verbindungen nach Osteuropa nutzen. Doch nur für einen Teil fanden sich Käufer, viele Kosten entstanden, und im August 2004 musste die Firma Insolvenz anmelden.
Für den Brands Gläubiger, eine Firma im benachbarten Aurachtal, machte sich nun Ulrich Prust auf die Suche nach geeigneten Käufern im Ausland. Ein Vertrag mit der Gorbatschow-Stiftung scheiterte an zu hohen Zollforderungen. Dann sollten die Gerätschaften nach Indonesien in das Gebiet der Tsunami-Katastrophe. Der deutsche Außenminister unterstützte das Vorhaben, Hilfsgelder sollten bewilligt werden, und die indonesische Regierung sei höchst interessiert gewesen, berichtet der 64-jährige Ingenieur. Doch die Vereinten Nationen vergaben schließlich Gelder nur noch an Hilfsorganisationen, um der Korruption zu entgehen, und so blieb die Region Banda Aceh ohne ihr dringend benötigtes Wertheraner Krankenhaus-Inventar. Auch Verhandlungen mit Dubai und Benin scheiterten jeweils kurz vor Vertragsunterzeichnung.
Weil Prust im Zuge der Verhandlungen mit Indonesien zwei Rechnungen -Êüber Verpackungsmaterial von 265 Euro und eine Digitalkamera mit Drucker (490 Euro) nicht beglichen hat, wurde ihm gestern vor dem Amtsgericht Halle Betrug angelastet. Doch weil eine Rechnung anscheinend von Prusts Auftraggeber zu zahlen ist, wurde das Verfahren eingestellt. Mit der Ermahnung, nicht seine Mitarbeiter, sondern er sei schließlich verantwortlich für die Abrechnungen, verurteilte ihn das Amtsgericht im zweiten Fall aber zu einer Buße von 750 Euro.
Ausbleibende Zahlungen, Bürokratie und Korruption sind die Dinge, mit denen Ulrich Prust auf dem internationalen Markt zu kämpfen hat. Zudem kann der Steinhagener Geschäftsmann sogar von dubiosen Firmen berichten, die mit dem Auf- und Verkauf von gebrauchtem Hospitalbedarf mächtig Kasse machen wollen. Im Internet habe er das Wertheraner Inventar schon zum Preis von 1,3 oder 1,8 Millionen Euro angeboten gesehen - von Leuten, die noch gar nicht mit ihm Kontakt aufgenommen hätten.

Artikel vom 26.11.2005