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Unfallopfer vor
Tod bewahrt

Nach Fahrerflucht: Anwohner helfen

Von Friederike Niemeyer
Werther-Häger (WB). Der beherzten Hilfe dreier Nachbarn ist es zu verdanken, dass ein 36-jähriger Wertheraner einen schweren Verkehrsunfall überlebt hat. Auf der Schröttinghausener Straße war er Samstag abend von einem Pkw angefahren worden. Dessen Fahrer flüchtete, ohne sich um den Verletzten zu kümmern.

Gegen 20 Uhr war der 36-Jährige in Richtung Häger auf der dunklen schmalen Landstraße ohne Fußweg unterwegs. Er war auf dem Heimweg vom Arminia-Spiel. In Höhe des Hauses Nummer 31 kam ihm ein Auto entgegen, erfasste den Mann und fuhr weiter in Richtung Bielefeld. Der Fußgänger wurde in den Graben geschleudert und blieb dort mit schweren Knochenbrüchen hilflos liegen. Und er wäre dort bei der feucht-kalten Witterung in der Nacht gestorben, ist sich die Polizei sicher. Wenn es nicht aufmerksame Anwohner gegeben hätte...
Sven und Stefanie Bertling hören in ihrer Wohnung im ersten Stock einen dumpfen Knall. »Meine Frau dachte, ein Auspuff wäre abgefallen. Ich dachte an eine Fehlzündung«, beschreibt der Familienvater das Geräusch. Um besser hören zu können, öffnet er das Fenster. Ein leises Wimmern ist zu hören. Sofort eilt das Ehepaar zu dem Verletzten im nassen Straßengraben gegenüber, beruhigt ihn und fordert ihn auf, sich nicht zu bewegen. »Er sagte, er wäre umgeknickt, stand wahrscheinlich unter Schock«, sagt Sven Bertling. Doch Schuh nebst Socken, Uhr und Mütze liegen auf der Straße. »Da dachten wir natürlich sofort an einen Unfall, riefen neben dem Krankenwagen auch die Polizei«, berichtet er.
Auch den Nachbarn holt das Ehepaar herbei. Dirk Altendorf tröstet den Verletzten und hilft schließlich dem kurz darauf eintreffenden Notarzt bei der Bergung. »Ich habe seinen Kopf gestreichelt und mit ihm gesprochen, damit er nicht bewusstlos wird. Er war schon so unterkühlt, dass der Arzt kaum eine Vene finden konnte«, berichtet er. Der Verletzte wird schließlich ins Franziskus-Hospital Bielefeld transportiert.
Noch bis zwei Uhr nachts war die Polizei unterstützt vom Technischen Hilfswerk an der voll gesperrten Straße vor Ort, um Spuren zu sichern, darunter ein Außenspiegel. Danach handelt es sich bei dem Unfallfahrzeug um einen älteren Transporter, möglicherweise einen VW Bulli. Nun soll ein Sachverständiger den genauen Unfallhergang rekonstruieren. Hinweise nimmt die Polizei in Halle, %0 52 01 / 8 15 60, entgegen.
Am Tag nach dem Unfall sind Sven und Stefanie Bertling noch mitgenommen von dem Geschehen. »Ich kann nicht verstehen, dass jemand diesen Menschen einfach hat liegen lassen. Er wäre erfroren, auch wenn die Verletzungen wohl nicht lebensgefährlich sind«, ist Stefanie Bertling entsetzt. Jetzt fordern die Anwohner, dass dort etwas zum Schutz der dort lebenden Kinder vor den häufig zu schnell fahrenden Autos unternommen wird. Doch um ihre Lebensrettung wollen alle drei Anwohner nicht viel Aufhebens machen. Sven Bertling: »Es ist schön, dass wir helfen konnten.«

Artikel vom 21.11.2005