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Gedanken zum Sonntag

Von Pfarrer Johannes Beer

Johannes Beer ist Pfarrer der Gemeinde Herford-Mitte
Vor vielen Jahren hatte ich einen schweren Autounfall, den ich - wie durch ein Wunder - mit nur einigen Prellungen gut überstand. Als eine gute Bekannte davon hörte, sagte sie zu mir: »Da warst du wohl noch nicht reif für die Ewigkeit!« Natürlich wollte ich damals genauso wenig sterben wie heute. Ich lebe wirklich gerne und genieße es. Aber damals wie heute will ich bereit sein für die Ewigkeit, denn ich kann ja nicht wissen, wann es für mich soweit ist.
Im Gottesdienst dieses Sonntags gedenken wir der Verstorbenen des Jahres. Und das waren keineswegs alles Menschen, die alt und lebenssatt sterben durften. Schmerzlich werden wir dabei mit der Sterblichkeit des Menschen und der Begrenztheit unseres eigenen Lebens konfrontiert.
Der Satz der Bekannten ging und geht mir nicht aus dem Kopf. »Reif«, das war mir klar, war ein völlig falsches Kriterium. Das können wir nicht überprüfen. Das kann nur Gott selbst festlegen. Aber »bereit sein«, darüber musste ich nachdenken. »Bereit sein« das ist es, wofür wir etwas tun können. Zu jeder Zeit bereit sein für die Ewigkeit, ist ein hohes Ziel. Gemeint ist damit natürlich nicht die irdische Vorsorge, wie wichtig auch Testamente und Verfügungen sind. Keiner stirbt schneller, wenn er alles geregelt hat, aber manchmal eben beruhigter. Gemeint ist viel mehr eine ständige Bereitschaft, die ein ganzes Leben durchzieht.
Lebe immer so, als ob dieser Tag dein letzter sei! Sagt ein Sprichwort. Aber wie kann man leben, wenn man ständig an den Tod denkt und vom Damoklesschwert des Jüngsten Tages bedroht wird? Wie kann man ein Leben fröhlich und frohen Mutes führen, wenn man ständig sich an das jederzeit mögliche Ende erinnert?
Jesus möchte nichts anderes von uns, als dass wir im Vertrauen auf ihn unsere Pflicht als Christen tun. Und dies ist uns schon allein durch die zehn Gebote und das Liebesgebot Jesu bekannt. Dann wissen wir schon, wie wir mit den anderen und auch der Schöpfung umzugehen haben.
Aber es tritt eben zu diesem Anspruch auch der Zuspruch Jesu. Es gilt seine Verheißung, dass der Tod nicht das endgültige Ende, sondern der Übergang zum ewigen Leben bei Gott ist. Wir Christen feiern morgen nicht den Toten-, sondern den Ewigkeitssonntag. In aller Trauer über die Verstorbenen und bei allem Erschrecken über die eigene Sterblichkeit macht das hoffnungsfroh.

Artikel vom 19.11.2005