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Mahner mit Witz und Mut

Herman van Veen bleibt sich treu

Von Hubertus Hartmann
(Text und Foto)
Paderborn (WV). 60 Jahre und kein bisschen leise. Herman van Veen war noch nie ein Mann der lauten Töne, aber seine Worte sind um so eindringlicher.

In seiner gut 40-jährigen Bühnenkarriere ist der holländische Entertainer gereift. Der einstige Harlekin wird mehr und mehr zum politischen Mahner, der mit feinsinniger Ironie, aber schonungslos den Finger in die moralischen Wunden der Politiker legt.
»Hut ab« ist der Titel seiner aktuellen CD und des Programms seiner Deutschland-Tour. Sie führt ihn in neun Monaten durch 72 Städte. In Paderborn hat der Mann aus Utrecht seit Jahrzehnten sein treues Publikum. Viele seiner Fans sind inzwischen ebenso ergraut wie der Haarkranz des Liedermachers. Sie brachten ihm bei beiden Vorstellungen in der Paderhalle am Donnerstag- und Freitagabend stehende Ovationen dar. Wenngleich sich Mancheiner doch etwas mehr den Herman van Veen früherer Jahre gewünscht hätte. Die Rockversion der Ballade »Ich hab ein zärtliches Gefühl« ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack.
An Charme und Ausstrahlung hat der Holländer allerdings nichts verloren. Am wichtigsten aber: van Veen ist glaubhaft geblieben. Seine Empörung und leise Wut über Ungerechtigkeit, Leid und Krieg nimmt man dem Weltverbesserer ab. Betretenes Schweigen macht sich breit, wenn er in der »afrikanischen Version« des Refrains das Wort »groß« durch drei Buchstaben ersetzt: »Wieg es sanft in deinen Armen, bevor du es merkst, ist das Kind schon tot«. Immer wieder sind es die Kinder, für die der zweifache Großvater sich stark macht. Auch eine von ihm gegründete Stiftung setzt sich für die Rechte des Kindes ein.
Als unbequemer Mahner prangert Herman van Veen Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung an. Seine Texte treffen ins Schwarze: »Das Meer versinkt in Öl und Dreck, der Krieg kommt raus aus dem Versteck, maskiert als Strafe Gottes. Und Afrika bezahlt es nun. Wir sind blinder als ein Huhn.«
Hermann van Veen unterhielt sein Publikum zweieinhalb Stunden glänzend, ließ in einigen Passagen seine Clownerie durchblitzen, wenn er wie der Enterich Alfred J. Kwak über die Bühne watschelte oder japanisch sprach und bewies einmal mehr seine Vielseitigkeit.
Immer wieder kokettierte er mit seinem Alter. Dabei möchte man ihm mit seinen eigenen Worten zurufen: »Weiter so mit Witz und Mut, manchmal mit gerechter Wut«. »Hut ab« vor einem Großen der Liedermacherbranche.

Artikel vom 19.11.2005