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Knüpfen am Europanetz

Ruta Pavolaite mit vielen Kontakten zurück nach Vilnius

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Foto)
Löhne (WB). »Cepelinai«, zu deutsch Zeppeline, stehen heute auf der Speisekarte bei den Danners in Obernbeck. Cepelinai gelten als litauisches Nationalgericht. Sie kommen nach einem Rezept auf den Tisch, das Ruta Pavolaite (23) mitgebracht hat aus ihrer Heimat im Baltikum.

Es stammt aus einer deftigen Küche: Jene Zeppeline sind nämlich Kartoffelklöße mit Hackfleischfüllung in einer Specksoße. Dorothee Danner hat eigenhändig Land und Leute und auch ihre Küchengewohnheiten in den baltischen Ländern kennengelernt. Als SPD-Landtagsabgeordnete war sie unter anderem mit dem Petitionsausschuss vor vier Jahren in Litauen. Bei einem Abendessen wünschte sich der deutsche Botschafter für junge Studenten der deutschen Sprache Praktikantenplätze in öffentlichen Verwaltungen. So kam der Kontakt zu Ruta zustande. Die 23-Jährige ist mittlerweile so etwas wie ein Familienmitglied der Danners: »Wir haben eine neue Tochter hinzugewonnen«, erklärt die Mutter des Hauses voller Überzeugung. Und die Studentin bedankt sich für die gute Aufnahme vom Frühstück bis zum Wochenend-Ausflug: »Wir sind ganz viel unterwegs.«
Es ist ihr erklärtes Ziel, so viele deutsche Kontakte wie möglich zu gewinnen. Das hat ihr inzwischen ein beinahe fehlerfreies Deutsch beschert. In einer Kleinstadt hat sie mit zwölf Jahren begonnen, die fremde Sprache zu erlernen. Damals war Russisch im Pflichtprogramm gegenüber Englisch und Deutsch schon auf dem Rückzug. Eine 19-jährige Kommilitonin, die gegenwärtig in Enger untergebracht ist, könne bereits kein Wort russisch mehr.
Ruta Pavolaite möchte Rechtsanwältin werden. Sie studiert an der Rykolo-Romerio-Universität Vilnius im achten Semester Jura. In zwei Jahren soll der Master-Grad das Studium abschließen. In einem Austauschprogramm hat Ruta schon ein Semester in Tübingen studiert, doch war sie dort viel mit internationalen Studenten zusammen und hat nicht soviel Deutsch gelernt, wie jetzt in der Familie. Das so genannte Leonardo-Programm der Europäischen Union ist Träger des dreimonatigen Praktikums. Interessiert am Verwaltungsrecht, ist Ruta bei Peter Danner, Abteilungsleiter im Rathaus, genau an der richtigen Adresse. Alle zwei Wochen lernte sie mit seiner Vermittlung verschiedene Ämter kennen. »Die Leute hier sind alle sehr hilfsbereit«, freut sich die Studentin. Sie hat schon an einem Weiterbildungsseminar in Herne teilgenommen. Mit vielen Adressen kehrt sie zurück in ihre Heimat und hofft, dass viele Beziehungen erhalten bleiben. Wenn die Europäische Union zusammenwächst, ist dies auch dank solcher Verbindungen möglich.

Artikel vom 19.11.2005