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Erhardts Wortwitz neu interpretiert

Kabarettist Martin Lüker füllt mit Sprüchen und Gedichten die Pausenhalle des Gymnasiums

Versmold (mh). »Bilden Sie einen Satz, der von Lenin handelt: Opa ist betrunken, Lenin an die Wand!« - Wortspiele dieser Facon kann sich nur einer ausdenken: Heinz Erhardt. Der ist zwar seit bereits 26 Jahren tot, doch seine Sprüche und Gedichte leben weiter: Zum Beispiel durch den Kabarettisten Martin Lüker, der am Donnerstag im Gymnasium auftrat.

Das geht natürlich nicht ohne das Klavier und unter anderem deshalb ist Martin Lüker, der in Versmold auch zur Schule ging, prädestiniert für die Interpretation Erhardts: Er selbst ist beliebter Pianist und »Music Comedian«, spielt im Salonorchester der Staatsoper Kassel und zieht mit seinen Soloprogrammen erfolgreich durch die Aulen und Theater.
Doch auch stimmlich ist Lüker absoluter Profi und seine sängerische Souveränität begeisterte vollauf. Es erklärt sich von selbst, dass die große Fülle schelmischer und frecher Ideen des großen Kabarett-Idols der 60er Jahre für eine große Bandbreite in Martin Lükers Programm sorgte.
Nach der Einleitung stand am Beginn die Erinnerung an die Kindheit Erhardts, die Lüker selbstverständlich in der Ich-Form vortrug. Und diese war nicht immer nur in Gedichtform gebracht: Mehrere längere »prosaische« Passagen rezitierte Lüker ausdrucksvoll ohne Klavier. Dazu gehörte auch die Geschichte mit dem »Großmütterchen«, bei der Erhardt aufgewachsen sei. Und da war die gesungene Geschichte von dem Briefmarkensammler, dem nur noch die »Mauritius« fehlt: Obwohl unpassend, nennt er schließlich seine Tochter so, die sich prächtig zu einem quirligen Mädchen entwickelt - zu einer echten Marke eben.
Oder das Gedicht vom Schlossherrn, dessen Frau so schrecklich singt: Sie ist nun tot und »er schaut hinauf, das Auge voll Gewässer - vielleicht singt sie da oben besser«. Sehr elegant und im wahrsten Sinne des Wortes spielend meisterte Lüker die Übergänge zwischen den jeweiligen Stücken und Themenbereichen, in Worten und Musik gleichermaßen perfekt.
Er versuchte gar nicht erst, die unnachahmliche Gestik und Mimik Erhardts zu imitieren, vielmehr lieferte er eine Interpretation in seinem ganz eigenen Stil - freilich nicht ohne Andeutungen der unbefangenen, herzlich-einfachen Art des Auftritts. Die Musik, die er größtenteils auswendig und mit einer an sich schon konzertreifen Virtuosität spielte, enthielt zahlreiche Parodien bekannter klassischer oder unterhaltender Themen. Lüker bezog das Publikum ein, sang im Stile des Chanson oder lallte das bekannte Lied des im Verdruss konsumierten Korns, so dass das Publikum in Begeisterung ausbrach.
Mit diesem unvergesslichen Abend, der fast die ganze Pausenhalle füllte, unterstützte Lüker die Finanzierung der neuen Aula am Gymnasium, in die das Eintrittsgeld floss und für die sich Schulleiter Hans-Peter Schmackert herzlich bedankte.

Artikel vom 19.11.2005