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Das Geburtshaus
Rudolphis entdeckt

Barbara Eller forscht 18 Monate nach den Wurzeln

Von Jürgen Köster
Brakel (WB). Er ist einer der bekanntesten Söhne der Nethestadt und der wohl berühmteste Barockmaler Westfalens: Die Werke Johann Georg Rudolphis zieren Altäre und Orgeln im Hochstift Paderborn und darüber hinaus. Wo genau ist er geboren, in welchem Haus aufgewachsen? Nach eineinhalb Jahren Recherche ist es Barbara Eller gelungen, Antworten auf diese Fragen zu finden.
Mit einem Gedenkstein in der Kirchmauer erinnert die Stadt Brakel an den berühmten Sohn.

Die Stadtführerin begann mit ihren Nachforschungen über Rudolphi im Stadtarchiv. In den ihr zugänglichen Werken wurde das Geburtsjahr des Künstlers mit »etwa 1633« angegeben. Gestorben ist er am 30. April 1693.
Bei der weiteren Recherche im schriftlichen Nachlass des Heimatforschers Walter Kreimeyer, dessen Sammlung inzwischen zum Bestand des Brakeler Stadtmuseums gehört, stieß die 59-Jährige auf eine ganz entscheidende Quelle. »Ein unscheinbares, wie ein Schulheft aussehendes blaues Büchlein weckte meine Neugier«, erinnert sich Barbara Eller. Auf der ersten Seite des in Salzkotten gedruckten Heftes war zu lesen »Topographisch-historische Darstellung der Stadt Brakel und ihrer Feldmark, vorzugsweise für die Schulen derselben«. Autor des Heftes war Wilhelm Engelbert Giefers. »Offenbar ist es eine Rarität«, meint Eller, da bisher nur ein einziges Exemplar entdeckt wurde.
Wie gut es die Glücksgöttin Fortuna mit ihr meinte, bemerkte die Heimatforscherin jedoch erst, als sie auf Seite elf des Heftes diese Zeilen entdeckte: »...unter den Privatgebäuden ist nur ein einziges bemerkenswert, theils als Geburts- und Wohnhaus des oben genannten Malers J.G. Rudolphi, theils als das älteste der Stadt; es ist nämlich, wie die Inschrift an demselben angibt, im Jahre 1507 erbauet, und steht am ehemaligen Kirchhofe, an der Südseite der Wohnung des Küsters.«
Mit dieser präzisen Angabe machte sich Barbara Eller auf die Suche nach einem Haus am Kirchplatz, das diese Voraussetzungen erfüllte. Zunächst vergeblich. Erst ein Eintrag im Inventarbuch des Stadtarchivs brachte sie weiter. Hier entdeckte sie eine Forderung der Pfarrei Rheder an einen Küster Brüning in Brakel aus dem Jahr 1771. Allerdings fehlte eine Anschrift.
Fündig wurde die Brakelerin im Katasteramt in Höxter. Dort ist das Urkataster der Nethestadt aus dem Jahr 1831 mit Namensangaben einzusehen. »Im Stillen dankte ich meiner früheren Lehrerin Lene Dössel, die uns im Fach ÝSchönschreibenÜ die alte deutsche Schrift hat üben lassen«, schmunzelt Eller, die als »Hexe Trineke Möring« vor allem Kinder für die Brakeler Stadtgeschichte zu begeistern weiß. Ein kleiner Eintrag im Urkataster führte sie zur »Küsterey Stadt Brakel«. Südlich davon ist der Grundriss eines großen Hauses zu erkennen. Es befindet sich im Winkel Am Thy/Kirchplatz. »Die Adresse könnte früher also durchaus ÝAm KirchplatzÜ gelautet haben«, meint Eller. »Natürlich steht in dem Plan von 1831 nicht ÝRudolphiÜ, sondern ein anderer Name. Vorausgesetzt die Beschreibung von Giefers über das Geburts- und Wohnhaus Rudolphis ist korrekt, dann zeigt das Urkataster den Originalgrundriss des Rudolphi-Hauses«, stellt Eller fest. Die Beschreibung von Giefers stamme etwa aus dem Jahr 1877. Als das Urkataster in den Jahren 1829 bis 1831 erstellt worden sei, habe das Haus auf jeden Fall schon dort gestanden.
Auf der Parzelle befindet sich heute ein Backsteinhaus aus dem 19. Jahrhundert. Am Vorbau des Hauses ist das Baujahr 1886 zu erkennen, nicht das Jahr 1507. Eller erklärt dies: »Der Grundriss ist nahezu identisch und zur Thyseite hin folgt das Haus immer noch genau dem Straßenverlauf. Zwischen 1877 und 1886 muss dort eine Baumaßnahme erfolgt sein.« Genauere Erkenntnisse erhofft sich die Heimatgeschichtsforscherin aus weiteren Akten des Stadtarchivs, wo sie weiter auf Spurensuche ist.

Artikel vom 18.11.2005