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Wo bleibt nur der Nachwuchs?
Vorstandskräfte schwinden


Dem Verein geht es gut. Finanziell gesund und sportlich ganz oben. Die Visitenkarte des Vorstands, seiner Aktiven und Mitglieder ist imponierend. Ende Februar 2006 sollen Vorstandswahlen sein. Es wird dann personelle Veränderungen geben, denn zwei verdiente Mitglieder aus dem geschäftsführenden Vorstand haben seit langem ihren Rücktritt angekündigt. Den »Ruhestand« haben sie sich nach Jahrzehnten im Dienste des Vereins redlich verdient. Ihren Nachfolgern wollen sie aber weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dafür liegt den beiden Sportsmännern, die ihr Ehrenamt jeweils so vorbildlich bekleidet haben, zuviel an ihrem Verein.

Einwurf
Doch in der heutigen Zeit stoßen Vorstände an ihre Grenzen. Es wird nämlich immer schwieriger, frische Kräfte zu finden. Das haben auch unsere beiden »alten Recken« nach Monaten des Suchens inzwischen leidvoll erfahren. Wo sind die Nachfolger, die sich doch angesichts der guten Infrastruktur unseres beispielhaften Vereins um die Posten fast schon streiten müssten? Gespräche hier, Gespräche dort. Sitzungen, Appelle, Werbemaßnahmen. Ein Verein irgendwo im Sportkreis Höxter, der bestens da steht, findet so einfach keine neuen Mitarbeiter(innen) für den geschäftsführenden Vorstand. Es ist ein mühseliges Unterfangen. Inzwischen gibt es zwar Interessenten, doch es bedarf einer intensiven Überzeugungsarbeit, diese auf den rechten Pfad zu bringen. So geschieht es mitten im Kreis Höxter.
Unser Verein ist sicherlich kein Einzelfall. Es ist nämlich schon lange keine Ehre mehr, ehrenamtlich im Sport tätig zu sein. Die beiden Sportsmänner, die sich mit der Jahreshauptversammlung verabschieden werden, können und wollen das nicht glauben. Doch die Realität belehrt sie eines Besseren. Vorstandsarbeit? Nein, Danke! Längst fällige Generationswechsel bleiben damit auf der Strecke. Vorstände in der Bredoullie, ihnen gehen die Kräfte aus. Der Nachwuchs tut sich nicht nur schwer, er will in den meisten Fällen ganz einfach nicht. Das Desinteresse an der Vorstandsarbeit als Spiegelbild für die Verhältnisse in Deutschland. »Verantwortung übernehmen? Das bringt mir doch nichts.« In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, in denen überall gespart werden muss, wird das »Problem Ehrenamt« schon gar nicht mehr gesehen. Aber das ist ein Fehler. Vorstandsarbeit vermittelt Erfolgserlebnisse. Vorstandsarbeit stellt das Ego in den Hintergrund und das Gemeinschaftsgefühl in guten wie in schlechten Zeiten in den Vordergrund. Einsatz für den Anderen. Das fördert gleichzeitig das Selbstwertgefühl. Vorteile über Vorteile. Doch potenzielle Kandidaten wollen das nicht sehen: »Mein Verein bin ich selbst. Denn mit mir habe ich genug zu kämpfen.« Es gab Zeiten, als es Deutschland noch schlechter ging. Die Vereine waren Magneten. Das Ehrenamt war »in«. Aufbruchstimmung sorgte für kollektive Stärke. Diese Zeit hat unsere beiden Sportsmänner geprägt. Sie hat sie stark gemacht. Ihrem Verein geht es bestens. Dazu haben die ehrenamtlichen Kräfte beigetragen. Die beiden Männer hoffen, dass das so bleibt. Dafür haben sie soviel Herzblut investiert. Nachfolger meldet euch. Jürgen Drüke

Artikel vom 21.11.2005